Neurowissenschaften

Flackerndes Licht soll psychische Krankheiten schneller heilen

Soldatinnen und Soldaten weltweit leiden besonders häufig unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung (im Bild: psychologisches Therapiezentrum nahe der Front in Saporischschja, Ukraine).
Soldatinnen und Soldaten weltweit leiden besonders häufig unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung (im Bild: psychologisches Therapiezentrum nahe der Front in Saporischschja, Ukraine).Ozge Elif Kizil / Anadolu via Getty Images
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Ein Team um Sandra Siegert experimentiert am Ista in Klosterneuburg mit Immunzellen des Gehirns und einer gezielten Lichttherapie. Die Hoffnung: unkomplizierte und rasche Hilfe bei psychischen Erkrankungen.

Albträume, Flashbacks, Schlafstörungen, Bedrohungsgefühle und Angst – die Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) können zu schweren sozialen und beruflichen Einschränkungen führen. Ausgelöst wird die Erkrankung durch Krieg, (sexualisierte) Gewalt, eine Katastrophe oder einen Unfall. Ihre Behandlung ist langwierig und kann Jahre dauern.

Die Therapiezeit bei PTBS oder anderen psychischen Erkrankungen wie Depression zu verkürzen und die Nebenwirkungen der sonst eingesetzten Medikamente zu vermeiden – das könnten die Vorteile eines neuen neurowissenschaftlichen Ansatzes mit Licht sein, an dem Sandra Siegert am Institute of Science und Technology Austria (Ista) in Klosterneuburg (Niederösterreich) forscht. Medikamente bringen zudem nicht für alle die gewünschten Ergebnisse. Bei Depression spricht etwa ein Drittel der Patientinnen und Patienten nicht oder nur kaum auf die Therapie an.

Immunzellen stimulieren

Der Zusammenhang sei ein Zufallsfund gewesen, meint Siegert, die mit ihrer Gruppe zu Mikroglia arbeitet. Die Existenz dieser Immunzellen des Nervensystems ist zwar seit hundert Jahren bekannt, über ihr Aufgabenrepertoire gibt es aber wenig Wissen. „Man dachte lang, die Immunzellen werden nur aktiviert, wenn das Gehirn verletzt ist, damit keine Bakterien hineingelangen. Dieses Dogma fällt langsam“, erklärt die Neurowissenschaftlerin. „Die Immunzellen sitzen nicht statisch im Gehirn, sondern tasten konstant Nervenzellen ab und überprüfen ihre Verbindungen.“ Mikroglia können diese Verbindungen sogar entfernen.

2015 vom MIT (Massachusetts Institute of Technology, USA) kommend ging Siegert am Ista diesen Zusammenhängen nach. Sie wollte herausfinden, inwieweit die Immunzellen wissen, wann sie Synapsen auflösen und wann sie diese in Ruhe lassen sollen. Dazu untersuchten sie im Mausmodell, wie sich Mikroglia bei der Gabe von Ketamin (Narkosemittel) verhalten. „Bei einer Anästhesie werden die neuronalen Aktivitäten der Nervenzellen herunterreguliert: ein mögliches Zeichen für die Immunzellen, dass etwas nicht stimmt“, so Siegert.

»Innerhalb einer Woche baut sich die Struktur wieder auf. Das ist ein Fenster der Möglichkeiten.«

Sandra Siegert

Neurowissenschaftlerin, Ista

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