Design-Paradigma

Ästhetik und Nachhaltigkeit: Der Wald ist der Designer

Formafantasma präsentierten ihre „Forest Collection“ für Artek mit einer Installation auf der Stockholm Furniture Fair.
Formafantasma präsentierten ihre „Forest Collection“ für Artek mit einer Installation auf der Stockholm Furniture Fair.
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Birkenholz gehört zur Gestaltungs-DNA des finnischen Herstellers Artek. Jetzt ist das italienische Designstudio Formafantasma angetreten, um ein paar ästhetische Konventionen zu brechen und Ressourcen zu schonen. Mit der „Forest Collection“.

Premiere war auf der Stockholm Furniture Fair, der traditionellen Leistungs- und Gestaltungsschau der skandinavischen Design-Hersteller und -community. Dort gewährte das Unternehmen Artek erste Einblicke. Und das nicht nur in eine neue Kollektion, sondern noch bedeutend tiefer: nämlich in eine Art Design-Paradigmenwechsel. Denn: Die ästhetischen Erwartungen an Holz und wie daraus Design-Ikonen werden, haben sich im Laufe der Designgeschichte ziemlich festgefahren. Abweichungen von der Norm, gern auch als „Makel“ definiert, hatten da kaum Platz, weder in den Katalogen noch am Möbelmarkt.

Fast wie Paradeisern und Äpfel im Supermarkt: Es gibt Schönheitsideale und Konventionen. Auch bei der Verarbeitung wertvoller Ressourcen für die Möbelproduktion. Wer diesen nicht entspricht, hat am Markt kaum eine Chance. Um diese Standards zu hinterfragen, widmeten sich die beiden italienischen Designer Andrea Trimarchi und Simone Farresin, die zusammen das Duo Formafantasma bilden, einem Designklassiker aus dem Portfolio von Artek, dem Stool E60. Dieser formt zusammen mit dem Alvar Aalto Tisch 82A und der Bank 153A die „Forest Collection“, die Artek kürzlich in Stockholm präsentierte. Nämlich, indem sie sie mit einer Installation im Foyer inszenierte, im „Reading Room“, wo die Besucher in die Themen Nachhaltigkeit und Ökologie eintauchen konnten, aber genauso in die warme Haptik und den Geruch des Birkenholzes.

Der Hocker E60, ein klassischer Alvar Aalto Entwurf für Artek, nun in der „Forest Collection“, gefertigt aus der „Wild Birch“, die auch mit kleinen „Makeln“ daherkommen darf.
Der Hocker E60, ein klassischer Alvar Aalto Entwurf für Artek, nun in der „Forest Collection“, gefertigt aus der „Wild Birch“, die auch mit kleinen „Makeln“ daherkommen darf.Marc Eggimann

Der Hocker aus der neuen Kollektion ist schon erhältlich, die anderen Teile der Kollektion kommen im Herbst auf den internationalen Markt. Nach einer grundlegenden und systematischen gestalterischen Intervention von Formafantasma. Und das ging so: Die Materialgrundlage von Artek ist Birkenholz. Und jetzt führt Artek die neue Holzauswahl „Wild Birch“ ein. Damit sollen die Holzressourcen geschont werden. Denn üblicherweise wurden nur die makellosen Teile für die Weiterverarbeitung verwendet. Jene Teile, denen man das wahre Waldleben deutlicher ansah. Jene Teile, auf denen sich etwa Äste abzeichneten oder den Umstand, dass Insekten zugange waren, wurden entlang der gängigen ästhetischen Konventionen nicht verwendet. Etwa auch gewissen Farbunterschiede von jedem Möbelstück innerhalb einer Kollektion, waren mehr oder weniger ein gestalterisches No-Go. Für Formatfantasma war aber gerade das der Angelpunkt ihrer genialen Umdeutung: Nämlich von ehemals „Makel“ auf „Einzigartigkeit“. So können größere Teile der Bäume für die Herstellung genutzt werden. Und natürlich werden in diesem Sinne alle Möbel, die für die Installation auf der Stockholmer Messe verwendet wurden, nummeriert und von einem schwedischen Händler verkauft.

Das italienische Duo beschäftigt sich gerne mit nachhaltigen Ansätzen und hinterfragt ebenso gern gestalterische Konventionen.
Das italienische Duo beschäftigt sich gerne mit nachhaltigen Ansätzen und hinterfragt ebenso gern gestalterische Konventionen.

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