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Antibiotika-resistente Bakterien sind in Drau und Mur „heimisch“

Ein Archivbild von der Murinsel in Graz.
Ein Archivbild von der Murinsel in Graz.IMAGO/Weingartner-Foto
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Eine Untersuchung von Grazer Wissenschaftlern in der Steiermark und in Kärnten zeigt: E. coli-Keime zeigen zu rund 25 Prozent Resistenzen zumindest gegen eines der getesteten Antibiotika.

So klar österreichische Fließgewässer oft erscheinen mögen, sie bergen womöglich trotzdem Gefahren. Grazer Wissenschaftler haben jetzt bewiesen, dass sowohl in der Mur als auch in der Drau zu einem Anteil von rund 25 Prozent Antibiotika-resistente E. coli-Bakterien „beheimatet“ sind.

„Antibiotika-resistente, potenziell krank machende Bakterien werden üblicherweise im Oberflächenwasser gefunden. Jedoch werden die Faktoren, die zur Ausbreitung und Stabilisierung von Antibiotikaresistenz in dieser Umwelt, speziell die Rolle von Biofilmen (Schleimschichten von Mikroorganismen; Anm.), nicht voll verstanden“, schrieben jetzt Aline Skof (Institut für Molekulare Biowissenschaften/Universität Graz), Michael Koller (MedUni Graz) und deren Co-Autoren in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Pathogens“ (https://doi.org/10.3390/pathogens13020171).

Für die Mur ober- und unterhalb von Graz sowie für die Drau ober-und unterhalb von Villach haben die Experten umfassende Daten erhoben. Sie zogen an je zwei Orten im Umfeld der beiden Städte Wasser- und Sedimentproben (Biofilme) und isolierten daraus Escherichia coli-Bakterien (E. coli; 831 Isolate). Bekannt sind diese Keime in der breiten Öffentlichkeit vor allem als Ursache von Durchfallerkrankungen.

Auch Resistenzen gegen häufig angewandte Antibiotika

Die E. coli-Bakterien wurden im Labor mit 21 verschiedenen Wirksubstanzen aus sieben verschiedenen Antibiotika-Klassen zusammengebracht, um deren Empfindlichkeit zu testen. „E. coli-Keime von jeder Entnahmestelle zeigten Resistenzen gegenüber zumindest einem der getesteten Antibiotika. Im Durchschnitt wiesen die Isolate aus Mur und Drau zu 25,85 Prozent bzw. zu 23,66 Prozent eine Resistenz auf. Am häufigsten waren Resistenzen gegen Ampicillin, Amoxicillin-Clavulansäure, Tetrazyklin und Nalidixinsäure“, stellten die Fachleute fest. Letzteres war das erste Antibiotikum aus der Reihe der sogenannten Gyrasehemmer. Wegen der raschen Resistenzentwicklung ist die Nalidixinsäure in Europa in der Humanmedizin übrigens seit langem nicht mehr auf dem Markt.

Interessanterweise hätten sich die Werte im Wasser und in den Sediment/Biofilmproben von einander nicht unterschieden, betonten die Wissenschaftler. Ein weiterer überraschender Punkt: Es gab kaum Unterschiede in den Proben aus Mur und Drau jeweils oberhalb und unterhalb der beiden Städte Graz (250.000 Einwohner) und Villach (60.000 Einwohner). Die Kläranlagen und die Größe der Kommunen spielten offenbar keine Rolle.

Keime gegen mehrere Antibiotika-Klassen resistent

Unangenehm erscheint jedenfalls zunächst, dass Resistenzen gegen die Kombination von Amoxicillin mit Clavulansäure festgestellt wurden. Das ist ein extrem häufig verwendetes Antibiotikum, das ehemals speziell entwickelt wurde, um Resistenzen gegen die klassischen Penicilline als Monopräparate zu überwinden. 6,9 Prozent der E. coli-Keime aus dem Wasser der Mur waren jedoch gegen drei oder gar mehr Antibiotika-Klassen resistent (Sediment: 9,09 Prozent), in der Drau waren es 5,64 Prozent (Wasser) bzw. 7,46 Prozent (Sediment).

13 der Isolate wiesen Gene für ESBL-Enzyme auf, welche Bakterien gegen eine ganze Reihe von Beta-Laktam-Antibiotika (Penicilline, Cephalosporine) unempfindlich machen können. In einem dieser Fälle war sogar das Gen für ein Enzym (KPC-2-Carbapenemase) vorhanden, das eine Resistenz gegen die in manchen Fällen oft letzten noch wirksamen Antibiotika (Carbapeneme) vermittelt. Ein untersuchter E. coli-Stamm vermittelte Resistenz gegen das Reserveantibiotikum Amikacin, das zum Beispiel auch bei multiresistenter Tuberkulose verwendet wird. (APA)

>> Der Beitrag in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Pathogens

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