Filmemacher auf Abwegen

Oscar-Regisseur Oliver Stone bot Diktatoren Propaganda-Filme an

Oliver Stone bei einer Filmpremiere in Rom: Der Regisseur ist offenbar bereit, seinen Namen und sein Renommee für Propagandaprojekte zu verkaufen.
Oliver Stone bei einer Filmpremiere in Rom: Der Regisseur ist offenbar bereit, seinen Namen und sein Renommee für Propagandaprojekte zu verkaufen.APA / AFP / Andreas Solaro
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Der renommierte Filmemacher soll einigen Autokraten Propaganda-Dokus angeboten haben. Eine davon wurde auch umgesetzt.

Man kennt ihn für seine systemkritischen Hollywood-Filme, für „Platoon“, „Wall Street“ und „Snowden“. Man kennt den dreifach Oscar-prämierten US-Regisseur Oliver Stone aber auch für sein Faible, mit einem durchaus verständnisvollen Blick Staatschefs zu porträtieren: Für „Comandante“ (2003) besuchte er Fidel Castro, für „South of the Border“ (2009) Hugo Chávez, für die „Putin-Interviews“ (2017) den russischen Präsidenten: Ein „Interview“, das sich dadurch auszeichnete, „dass Stone Putin so gut wie keine Fragen gestellt hat“, schrieb die „Presse“ damals. Die "Süddeutsche Zeitung" bezeichnete es als "Autokraten-Porno".

Eine gemeinsame Recherche mehrerer Medien – „Der Standard“, „Der Spiegel“, ZDF, das Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP), Tamedia, das kasachische Investigativportal Vlast – zeigt nun, dass Oliver Stone einigen Diktatoren Filmprojekte angeboten hat. Offenbar war er bereit, seinen Namen und sein Renommee für Propagandaprojekte zu verkaufen. Dem belarussischen Diktator, Alexander Lukaschenko, dem türkischen Präsidenten, Recep Tayyip Erdoğan, und Aserbaidschans Autokraten, Ilham Alijew, sei jeweils eine schillernde „Oliver Stone Documentary“ angeboten worden.

Das gehe aus Unterlagen hervor sowie aus den Aussagen eines Insiders, berichten die Medien. Oliver Stone habe von diesen Dokumenten gewusst. Für den Lukaschenko-Film lag bereits eine Art Drehplan vor, für den Film über Alijew gab es bereits ein Plakat, für 15 Millionen Dollar sei dem aserbaidschanischen Machthaber eine »weltweite Ausstrahlung« in Aussicht gestellt worden. Im Fall von Lukaschenko scheine Stone schließlich selbst die Reißleine gezogen zu haben. Mit den anderen genannten Autokraten wurde man sich offenbar (noch) nicht einig.

Kasachstans Machthaber als „verehrter Kunde“

Mit einem weiteren aber schon: In „Qazaq“, was 2021 als mehrstündige Miniserie sowie als Film erschien, interviewt Stone den langjährigen kasachischen Machthaber Nursultan Nasarbajew. Diesem werden Menschenrechtsverletzungen und Wahlmanipulationen vorgeworfen, in seiner Amtszeit wurde der Oppositionsführer ermordet.

Davon ist im Film keine Rede - wofür Nasarbajew sorgen konnte: Mit diesem sei, zeigen die Recherchen, vom Konzept bis hin zu den Fragen alles abgesprochen gewesen, in geleakten internen Dokumenten werde Nasarbajew gar als „verehrter Kunde“ bezeichnet. Dieser habe dafür immerhin auch bezahlt: Über Stiftungen und eine Regierungsorganisation seien sieben Millionen Dollar geflossen. (Red.)

>> Zum Artikel im „Spiegel“

>> Zum Artikel im „Standard“

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