Immobilien

Zukunftsfit? ESG und Digitalisierung haben „enormen Einfluss“ auf Projekte

„Am Kempelenpark“ in Favoriten gilt als eines der größten Zwischennutzungsgebiete Wiens.
„Am Kempelenpark“ in Favoriten gilt als eines der größten Zwischennutzungsgebiete Wiens.STC- Swiss Town Consult
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Bürokratische Verfahren, hohe Zinsen, Nutzerwünsche, die sich rasch ändern. Das Umfeld für Projektentwickler kann getrost als herausfordernd bezeichnet werden.

Seit Jahren hadern Projektentwickler mit bürokratischen Hürden im Zuge von Widmungs- und Bauverfahren. „Insbesondere wenn in solchen Verfahren eine hohe Anzahl unterschiedlicher Dienststellen und Abteilungen beteiligt sind, wäre eine zentrale und transparente Koordination wünschenswert“, meint Matthias Waibel, Geschäftsführer von STC Development: „Das würde helfen, Reibungsverluste zu vermeiden, die Effizienz zu steigern und Verfahren zu beschleunigen.“ Gerade in Hochzinsphasen führen lange Verfahren dazu, dass die laufenden Projektkosten – und damit die Verkaufspreise – enorm in die Höhe getrieben werden. Und in dieser Phase befindet sich der Markt eben gerade jetzt.

Rendite steigt, Objektwert sinkt

Das wirtschaftliche Umfeld und die Preisentwicklung der Immobilien machen derzeit jenen Projektentwicklern, die nicht entsprechend vorausschauend waren, besonders zu schaffen. Generell wird der aktuelle Wert eines Projektes „residual“ ermittelt, wie Wolfgang M. Fessl, geschäftsführender Gesellschafter von Reinberg & Partner, erklärt: „Bei der Wertbestimmung wird von einem fiktiven Wert bei Fertigstellung ausgegangen, und davon werden alle Kosten abgezogen, die bis dahin noch anfallen werden. Übrig bleibt der Wert des Projektes zum aktuellen Stichtag.“

»Wenn der Wert des fertiggestellten Objektes um 30 Prozent oder mehr sinkt, dann ist die Mathematik gnadenlos.«

Wolfgang M. Fessl

Geschäftsführender Gesellschafter von Reinberg & Partner

Bei Ertragsobjekten ist in der Regel die Rendite die entscheidende Maßzahl. Wenn sich diese im aktuellen Marktumfeld zum Beispiel von drei auf vier Prozent erhöht, dann sinkt der Wert des fertiggestellten Objektes um etwa 25 Prozent. Hier kommt zum Tragen, dass auch die Mieterträge in den vergangenen Jahren um gut 20 Prozent gestiegen sind. Im besten Fall schmälert sich also nur der Gewinn des Projektentwicklers. „Wenn der Wert des fertiggestellten Objektes um 30 Prozent oder mehr sinkt, dann ist die Mathematik gnadenlos“, sagt Wolfgang M. Fessl: „Einen solch hohen Gewinn hat kein Projektentwickler einberechnet.“

Das führt zu Engpässen in der Finanzierung, die derzeit rundum sichtbar sind und den Markt noch weiter beschäftigen werden. Daneben beschäftigen die Branche naturgemäß die großen Themenbereiche wie Nachhaltigkeit/ESG und Digitalisierung, „die einen enormen Einfluss, nicht nur auf die Ausrichtung und Struktur der in der Branche tätigen Unternehmen haben, sondern auch auf die Anforderungen an die von uns entwickelten modernen Lebens- und Arbeitsräume“, berichtet Matthias Waibel, dessen Unternehmen derzeit am Projekt „Am Kempelenpark“ in Wien Favoriten für die baufeldübergreifende Quartiersentwicklung verantwortlich zeichnet sowie rund 50 Prozent der Baufelder planen und umsetzen wird.

Anforderungen steigen

Bei den Diskussionen und Herausforderungen rund um die Projektentwicklungen wird für Anton Bondi, Geschäftsführer von Bondi Consult und Entwickler des Quartiers TwentyOne etwa, ein wichtiger Punkt übersehen: „Wir stehen in der Projektentwicklung insbesondere vor der Herausforderung, die raschen Änderungen in dem Nutzerverhalten und den Anforderungen der Mieter zu antizipieren und unsere Projekte auf die immer schneller drehenden Anforderungen anzupassen.“

»Es wird immer mehr gefordert, auch die Anforderungen der Nutzer außerhalb deren Bürotätigkeit abzubilden.«

Anton Bondi

Geschäftsführer von Bondi Consult und Entwickler des Quartiers TwentyOne 

Das bedeutet große Flexibilität in den Grundrissen, Schaffung von gemeinschaftlich nutzbaren Flächen zur Reduktion des Flächenbedarfs der Nutzer und Herstellung eines über die Büronutzung hinausgehenden Angebotes. Bondi: „Es wird immer mehr gefordert, auch die Anforderungen der Nutzer außerhalb deren Bürotätigkeit abzubilden.“ Daher sind diejenigen Projekte gefragt, die auch im Umfeld Freizeit-, Nahversorgungs- und gastronomische Bedürfnisse abdecken können. Der Nähe zu Infrastruktureinrichtungen sowie dem öffentlichen Nahverkehr muss ebenso Rechnung getragen werden wie dem Mobilitätsservice oder Vernetzungsmöglichkeiten.

Zukunftsfit

Auch wenn in den kommenden drei bis fünf Jahren die Anzahl der Projekte rückläufig ist und sie auf einen sehr ausgedünnten Markt stoßen, auf dem sich die Knappheit an gewerblichen Mietflächen bereits abzeichnet, warnt Bondi: „Die jetzt in die Umsetzung kommenden Objekte sollten die diesen Kriterien entsprechenden Anforderungen möglichst weitgehend erfüllen, um auch langfristig zukunftsfit zu sein und zu bleiben.“

Trends 2024

Der Bedarf nach transparenten Widmungs- und Bauverfahren steigt.

Höhere Renditen und Wertverluste von Projekten führen zu Engpässen in der Finanzierung.

ESG & Digitalisierung werden zu bestimmenden Themen.

Immer stärker sind Projekte gefragt, die im Umfeld Freizeit-, Nahversorgungs- und gastronomische Bedürfnisse abdecken können.

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