Wissenschaft

Räuber schützen Küsten

Wo sie ausgerottet wurden, verschwanden die Schutzwälder der Küsten, weil sie deren Fresser nicht mehr dezimierten.
Wo sie ausgerottet wurden, verschwanden die Schutzwälder der Küsten, weil sie deren Fresser nicht mehr dezimierten. Mark Alexander/getty Images
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Seeotter bieten einen raren Beleg dafür, dass Ökosysteme von oben reguliert werden, von denen an der Spitze der Nahrungskette.

Werden Ökosysteme von unten her reguliert („bottom up“) oder sorgen die ganz oben in den Nahrungsnetzen, die Raubtiere, dafür, dass alles im Lot bleibt („top down“)? Lange schien Ersteres selbstverständlich: Pflanzen bilden mit ihrer Fotosynthese die Lebensgrundlage für ihre Fresser, und die tun es für ihre. Aber eingangs der 60er-Jahre stellten Forscher die Kinderfrage, warum die Erde grün ist – bewachsen – und nicht braun, kahl gefressen von hungrigen Mäulern, die sich über jeden Halm her machen. Die Antwort gaben sie mit ihrer „Green Earth Hypothesis“, derzufolge alles an den Räubern liege, die die Pflanzenfresser dezimierten (American Naturalist 879, S. 421).

„Top down“ also, das hatte viel Logik für sich, aber kaum Empirie, bis heute gibt es wenige Belege – selbst das zentrale Beispiel der Wiederansiedelung der Wölfe im Yellowstone-Park ist umstritten –, aber in einem Fall ist alles klar, beim größten aller Räuber: „Sie sind ebenso schöne als in ihrem Wesen lustige und spaßhafte, äußerst verträgliche und gesellige Tiere, die in Gruppen auf den Felsen liegen oder sich im Wasser bald spielerisch balgen, bald sich auf dem Rücken liegend schaukelnd treiben lassen.“

Seeotter machten Weltgeschichte: Sie ließen Zaren reich werden und Alaska verkaufen

So beschrieb der deutsche Naturforscher Georg Wilhelm Steller 1741 die Tiere, die er nach einem Schiffbruch auf einer Insel der Aleuten vor Alaska in aller Ruhe beobachten konnte, seiner und ihrer. Letztere war bald vorbei: Das Schiff, die St. Peter der russischen Kriegsmarine, war unter dem dänischen Kapitän Vitus Bering am Erkunden der Region, als es halb zerstört strandete, die Mannschaft ernährte sich aus dem Meer, unter anderem von Seeottern. Die hatten neben Fleisch noch etwas zu bieten, ihr Fell, mit bis zu 400.000 Haaren pro Quadratzentimeter das dichteste aller Tiere. Diese Pelze nahmen die Überlebenden mit, als sie aus den Resten des alten Schiffs ein neues gezimmert hatten, sie fanden höchsten Anklang am Hof in St. Petersburg, und nicht nur dort, das „weiche Gold“ aus Alaska – damals gehörte es zu Russland – machte Händler und den Staat reich (die Felle gingen vor allem nach China, das machte im Gegenzug die Russen zu Teetrinkern, gar so neue ist die Globalisierung nicht).

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