Diskriminierung

Frankreich besiegelt „Freiheit zur Abtreibung“ wortwörtlich in der Verfassung

Der französische Präsident Macron bei der Zeremonie in Paris am Internationalen Tag der Frauenrechte.
Der französische Präsident Macron bei der Zeremonie in Paris am Internationalen Tag der Frauenrechte.Reuters / Stephanie Lecocq
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Mit einer historischen Siegelpresse bestätigt Präsident Emmanuel Macron die Verfassungsänderung. Er will die Freiheit zur Abtreibung auch in die Charta der Grundrechte der Europäischen Union aufnehmen.

Mit einer historischen Druckerpresse aus dem 19. Jahrhundert hat Frankreich am Internationalen Tag der Frauenrechte die Aufnahme der „Freiheit zur Abtreibung“ in die Verfassung feierlich besiegelt. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bekräftigte seinen Wunsch, diese Freiheit auch in die Charta der Grundrechte der Europäischen Union aufzunehmen.

„In Europa ist heute nichts mehr selbstverständlich und alles zu verteidigen“, sagte Macron am Freitag bei einer öffentlichen Zeremonie auf der Place Vendôme vor dem Justizministerium. „Es ist nur der Beginn des Kampfes“, sagte Macron. „Wir werden erst Ruhe geben, wenn das Versprechen (der Gleichberechtigung) überall in der Welt gehalten wird“, sagte er. Macron gedachte der 343 Frauen, die sich 1971 in Frankreich öffentlich dazu bekannt hatten, abgetrieben zu haben, und der zahlreichen Frauen, die sich für die Gleichberechtigung eingesetzt haben.

Zuvor hatte Macron die Gräber der bedeutendsten Feministinnen Frankreichs schmücken lassen, unter ihnen die Schriftstellerin Simone de Beauvoir und die Politikerin Simone Veil, die vor knapp 50 Jahren die Entkriminalisierung der Abtreibung durchgesetzt hatte.

Siegelpresse auch für Abschaffung der Todesstrafe genutzt

Die Siegelpresse von 1810, die üblicherweise im Justizministerium aufbewahrt wird, wurde seit Gründung der aktuellen Republik bisher für 14 Gesetzestexte benutzt, unter anderem für die Abschaffung der Todesstrafe. Sie steht auf einem wuchtigen Holzblock. Das Siegel wird mit einer Spindelschraube in das Wachs gedrückt, das zuvor im Wasserbad erhitzt wurde.

Die Siegelpresse von 1810.
Die Siegelpresse von 1810.Reuters / Gonzalo Fuentes

Frankreichs Abgeordnete beider Parlamentskammern hatten am Montag mit großer Mehrheit für die Verfassungsänderung gestimmt, die die „Freiheit zur Abtreibung“ erwähnte. Damit wurde Frankreich weltweit das erste Land, das diese Freiheit ausdrücklich in der Verfassung verankerte. Macron hatte mit dem Vorschlag 2022 auf Einschnitte in das Abtreibungsrecht in den USA reagiert.

Änderung hat symbolischen Charakter

Die Verfassungsänderung hat in erster Linie symbolischen Charakter. Der Schwangerschaftsabbruch auf Krankenschein ist in Frankreich bis zur 14. Woche gesetzlich möglich. Mehr als 80 Prozent der Franzosen befürworteten die Verfassungsänderung.

Die frühere Gesundheitsministerin Simone Veil hatte vor einem halben Jahrhundert den Weg zum legalen Schwangerschaftsabbruch in Frankreich freigemacht. Im vergangenen Jahr wurden in Frankreich gut 234.000 Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen. (APA/AFP)

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