Die Welt bis gestern

Mehr als nur der „Hitlerbalkon“

Viel Kopfzerbrechen um die Nutzung: die Neue Burg am Heldenplatz. 
Viel Kopfzerbrechen um die Nutzung: die Neue Burg am Heldenplatz. Wien Museum Inv.-Nr. 185181, CC0
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Neue Burg. „Hakenkreuz statt Habsburg“ nennt sich eine neue Web-Ausstellung. Sie beschreibt das Tauziehen um die Nutzung der Neuen Burg am Heldenplatz. 

Die österreichische Alltagssprache hat manchmal einen Hang zur Verniedlichung. So etwa, wenn der Altan der Neuen Burg am Heldenplatz „Hitlerbalkon“ genannt wird, weil der Aufsteiger aus Braunau am 15. März 1938 von hier aus zu einer angeblich schier unüberschaubaren Jubelmasse geredet hat. Dabei hat der Platz in seiner Geschichte zuvor und danach größere Menschenmengen gesehen. Doch zusammen mit dem Altan ist er nun einmal zentraler Bezugspunkt im Diskurs über Anschlusstaumel und Volkserhebung geworden. Der „Hitlerbalkon“ eben. Man kommt an ihm nicht vorbei, er ist auch eine „Ikone der Mitverantwortung“ (Heidemarie Uhl) und ein tabuisierter Ort: Jede öffentliche Nutzung ist behördlich untersagt.

Auch Besucher des HDGÖ (Haus der Geschichte Österreich), das in unmittelbarer Nachbarschaft beheimatet ist, haben keinen Zutritt. Zugänge, nämlich in ihren Forschungen, entwickeln die Mitarbeiter des Museums jedoch ständig. So hat etwa Stefan Benedik in dem Sammelband „Ver/störende Orte“ (Mandelbaum-Verlag, 2024) herausgearbeitet, dass der Altan der Neuen Burg zum ikonischen Gedächtnisort werden konnte, nicht obwohl, sondern weil das Gebäude gar nicht verändert wurde: „In die imperiale Ikonografie der späten Habsburgermonarchie mit ihrer historisierenden Sendungserzählung konnte die Inszenierung des ‚Anschlusses‘ offensichtlich bruchlos eingereiht werden“, schreibt er. Hitler hat sich die imperiale Architektur der Habsburgermonarchie für seine Zwecke schlicht angeeignet, ohne irgendeine „Überschreibung“.

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