Parlamentswahl

Rechtsruck bei Richtungswahl in Portugal

Wahllokal in Portugal.
Wahllokal in Portugal.Imago / Cristian Leyva
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Sozialisten und Konservative verlieren bei der vorgezogenen Wahl. Die rechte Chega kam auf 18 Prozent Prozent der Stimmen.

Schafft die rechtspopulistische Chega („Es reicht“) ein zweistelliges Ergebnis? Vor fünf Jahren gegründet, erhielt die Partei nicht einmal zwei Prozent Zustimmung, heute hat sie die vorgezogene Parlamentswahl in Portugal ordentlich aufgemischt. Die Chega des ehemaligen Sportkommentators An­dré Ventura kam auf über 18 Prozent.

Die seit mehr als acht Jahre regierenden Sozialisten (PS) müssen eine Niederlage einstecken, sie erreichen 28,7 Prozent. Mit 29,5 Prozent gelang ein knapper Sieg des konservativen Bündnisses Demokratische Allianz (AD) von Spitzenkandidat Luís Montenegro, vor der von Pedro Nuno Santos angeführten PS. Die absolute Mehrheit, die die PS Anfang 2022 noch errungen hatte, wird demnach aber keine der beiden Parteien erreichen können. Chega hat sich bereits während des Wahlkampfes als Königsmacher positioniert, während sowohl Montenegro, also auch die PS eine Zusammenarbeit mit Chega aus­geschlossen haben.

Die Auszählung der im Ausland abgegebenen Stimmen steht noch aus und wird nach offiziellen Angaben noch mehrere Tage in Anspruch nehmen.

Auszählungsstand am Sonntagabend.
Auszählungsstand am Sonntagabend. APA Grafik

Abgeschlagen auf den weiteren Plätzen landeten die Liberalen (IL) und der Linksblock (BE) mit 5,1 bzw. 4,5 Prozent der Stimmen und die Kommunisten mit 3,3 Prozent. Die Grünen landeten ebenfalls bei 3,3 Prozent.

Allerdings beanspruchte Montenegro, ein studierter Jurist, schon in der Nacht zu Montag den Sieg für sich. Der sozialistische Rivale Pedro Nuno Santos räumte seine Niederlage ein und kündigte den Gang in die Opposition an. Die AD kam nach Auszählung fast aller Stimmen auf mindestens 79 Sitze, die PS auf 77.

Wahlbeteiligung knapp höher

In dem EU-Mitgliedsland zeichnet sich deshalb in den kommenden Wochen eine äußerst schwierige Regierungsbildung ab. Der Wahlsieger wird dabei wohl auf Vereinbarungen mit kleineren Parteien angewiesen sein, weil eine „große Koalition“ als unwahrscheinlich gilt. Am frühen Nachmittag lag die Wahlbeteiligung mit 25,2 Prozent knapp zwei Punkte höher als jene bei der Parlamentswahl Anfang 2022 zum gleichen Zeitpunkt, wie die Wahlbehörde CNE in Lissabon mitteilte.

Rund 10,8 Millionen Stimmberechtigte waren aufgerufen, die 230 Abgeordneten der „Assembleia da República“ neu zu wählen. Präsident Marcelo Rebelo de Sousa hatte das Votum im November ausgerufen, nachdem Premier António Costa zurückgetreten und nur geschäftsführend im Amt geblieben war.

Die Wahl des Parlaments steht im Schatten mehrerer Korruptionsaffären unter anderem bei der staatlichen Fluggesellschaft TAP und bei Lithium- und Wasserstoff-Projekten sowie auch anderer sozialwirtschaftlicher Probleme wie Wohnungsnot und Inflation – und das trotz der erfolgreichen Tourismusoffensive der PS sowie anderen Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft. Chega profitiert jedenfalls von der aktuellen Stimmung, trotz der viel zitierten Brandmauer Portugals gegen rechts. Doch Ventura inszenierte sich als Kämpfer gegen die „Eliten“ und Korruption, vor allem aber sei nach fünf Jahrzehnten Wechselregierungen zwischen PS und den Konservativen Zeit für eine neue Ära. (ag./red.)

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