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„The Iron Claw“: Im Würgegriff des Maskulinen

Machismo-Performance im Ring und außerhalb: Zack Efron im Wrestling-Drama „The Iron Claw“.
Machismo-Performance im Ring und außerhalb: Zack Efron im Wrestling-Drama „The Iron Claw“.A24
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Ein Wrestling-Clan wird von einem „Fluch“ dahingerafft. Des Unheils wahre Wurzel? Toxische Männlichkeit! Sean Durkins Drama „The Iron Claw“ empfiehlt Tränen als Antidot.

Eine Wand voll Fotos, dazwischen ein Kreuz. Etliche Sporttrophäen, zum Altar arrangiert. Eine Pistolensammlung, stolz ausgestellt. Die Eindrücke, die am Anfang von „The Iron Claw“ auf uns einprasseln, zeichnen das Klischeebild eines konservativen Familienidylls im ruralen Amerika. Abgerundet wird es mit einer klassischen Frühstücksszene, wie man sie aus US-Filmen kennt: Eine brave Mama in Kochschürze wird nicht müde, tonnenweise Pfannkuchen, Semmerln, Eierspeis und Würste zu servieren, die die Männer dann in sich hineinschaufeln. Moment – geht das überhaupt? Ohne Brechung? Im Jahr 2024? Nein, oder?

Bingo: Das Tischgespräch ist hier nicht von netten Banalitäten bestimmt, sondern Ausdruck knallharter Macho-Meritokratie. Der Patriarch und Ex-Wrestler gibt seinen Sprösslingen – alle Athleten wie er – eiskalt zu verstehen, dass der jeweils sportlich erfolgreichste unter ihnen stets auch seine Zuneigungsrangliste anführen wird. Und obwohl die vom Vater aufgezwungene Rivalität die Brüder nicht entzweit, werden sie letztlich doch von seinen autoritären Mantras auseinandergerissen. Am Ende des Films ziehen die Impressionen vom Anfang abermals an uns vorbei: Fotos, Kreuz, Trophäen, Schusswaffen. Alles nur Fassade! Als hätten wir es nicht schon beim ersten Mal kapiert …

Demonstrativ sensibles Trauerspiel

„The Iron Claw“ fußt auf der wahren Geschichte der Von Erichs, einer Wrestling-Familie, die in den USA in den 1980er-Jahren Bekanntheit erlangte. Zunächst aufgrund der Erfolge der charismatischen Söhne im Ring, später, weil diese reihenweise verunglückten – so, als laste ein Fluch auf ihrer Sippschaft. Ein arges Schicksal! So arg, dass US-Autorenfilmer Sean Durkin einen der fünf verstorbenen Von-Erich-Söhne in seinem dritten Langfilm völlig unerwähnt lässt. Verständlich: Mehr Tragik hätte „The Iron Claw“ nicht nur unnötig länger gemacht, sondern auch die Geduld des Publikums für sein demonstrativ sensibles Trauerspiel überstrapaziert.

Dabei fängt dieses Biopic so launig an! Wrestling ist eine ulkige Angelegenheit, auch, weil es primär Show ist: Da vollziehen Spandex-Muskelmonster Manöver, die an homoerotischen Ausdruckstanz erinnern. Durkin inszeniert diese Fights als packendes Testosterontheater, die Story hüllt er in nostalgische Sepiatöne. Sein Cast ist stark: Holt McCallany verleiht Vater Fritz eine brütende Intensität, Jeremy Allen White („The Bear“) und Harris Dickinson („Triangle of Sadness“) geben fesche Charmebolzen ab. Zac Efron hat sich für die Hauptrolle einen Körperpanzer antrainiert: Seine Erscheinung – Ambossschädel, Prinz-Eisenherz-Gedenkfrisur – macht das einstige Image des „High School Musical“-Schnuckelchens fast vergessen. Die Frauen bleiben im Hintergrund: Maura Tierney und Lily James dürfen als Mütter vor allem leiden.

Der Filmtitel verweist übrigens auf eine Kampftechnik der Von Erichs, ihr Markenzeichen. Der eiserne Griff des Vaters schwingt da mit, ebenso die kalte Klaue der „toxischen Männlichkeit“: Dass auch Machismo Performance ist, und zwar keine, die sich lohnt, ist Kernbotschaft von Durkins Drama. Als Antidot empfiehlt es uns die Authentizität des Gefühls. So gelangen wir vom Schweiß- ins Tränenbad: Zuletzt darf der einzige überlebende Bruder, nachdem es ihm Papa so lang untersagt hat, endlich weinen. Tränen lügen nicht. Oder spielt Efron uns nur etwas vor?

„The Iron Claw“: Jetzt im Kino, ab 21. 3. auf Amazon.

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