Gesundheitsmanagement

Schnelltest: Macht Sie Ihre Einsamkeit schon krank?

Wer frisch in Pension gegangen ist, hat ein erhöhtes Risiko.
Wer frisch in Pension gegangen ist, hat ein erhöhtes Risiko.Imago / Eva Blanco Via Www.imago-images.de
  • Drucken

Digitale Werkzeuge sollen helfen, Einsamkeit im Alter zu bekämpfen. An der FH Burgenland wurden diese evaluiert.

Im Internet mangelt es nicht an guten Ratschlägen, was bei Einsamkeit im Alter zu tun ist, auch auf den Websites von Krankenkassen oder öffentlichen Gesundheitsplattformen. Deren Motivation, einsame Menschen zu unterstützen, ist nicht verwunderlich, hat Einsam-Sein doch nachweisliche gesundheitliche Folgewirkungen.

Dazu gehören weniger Lebensfreude, Selbstbewusstsein und soziale Teilnahme – Faktoren, die in Schlafstörungen, Angstzuständen oder Depressionen münden können. Vermehrte Suizidgedanken und gesundheitliche Auswirkungen lassen das Mortalitätsrisiko bei chronischer Einsamkeit um gut ein Viertel ansteigen, so eine Studie, auf die Gesundheitsmanagerin Leonie Cammerlander verweist. Sie hat sich an der Fachhochschule (FH) Burgenland mit neuen digitalen Werkzeugen auseinandergesetzt, die es etwa Fachkräften in der Pflege oder in Sozialberufen erleichtern sollen, Einsamkeit zu erkennen und Maßnahmen dagegen zu entwickeln, die auf die Betroffenen abgestimmt sind.

Eingehen auf den Einzelnen

„Durch die Fokussierung auf die individuellen Bedürfnisse der Patientinnen und Klientinnen wird ein Rahmen geschaffen, der nicht nur die körperliche, sondern auch die soziale und psychische Gesundheit fördert“, erklärt Peter Mayer, Leiter des Studiengangs „Gesundheitsmanagement und Integrierte Versorgung“ der FH Burgenland. „Eine ganzheitliche Betrachtung und Abstimmung der Versorgungsbereiche sind essenziell, um den komplexen Bedürfnissen älterer Menschen gerecht zu werden.“

Bei den digitalen Werkzeugen, die Cammerlander evaluiert hat, handelt es sich um sogenannte Screening Tools – also um Instrumente zur ersten groben Untersuchung von Personen auf das Vorliegen einer Gefährdung oder Erkrankung. Sie wurden im EU-Projekts „Digi-Ageing“ (digi-ageing.eu) von einem Konsortium aus sieben internationalen Institutionen, u. a. die Privatuni Tirol (Umit), entwickelt. Dazu gehört als erste Stufe ein digitaler Schnelltest („Loneliness Quick Check“) – ein standardisierter Fragebogen, durch den in fünf bis zehn Minuten festzustellen ist, ob ein mittleres oder höheres Risiko für Einsamkeit vorliegt. Eine kürzliche Pensionierung, ein fehlendes soziales Netzwerk, Mobilitätseinschränkungen, ein kürzlicher Umzug oder keine Internetnutzung erhöhen dieses.

Kleine Schritte

Liegt ein erhöhtes Einsamkeitsrisiko vor, schließt sich als zweite Stufe ein detaillierteres Screening an, das etwa 20 Minuten in Anspruch nimmt („University of California Loneliness Assessment“). In einer Karte wird anschließend das soziale Netzwerk des älteren Menschen – Familie, Verwandte, Freunde, Nachbarn – detailliert erfasst und gemeinsam analysiert. Darauf aufbauend soll ein Aktionsplan für die nahe Zukunft erstellt werden. „Es werden keine umfassenden Gesamtlösungen konzipiert, sondern erste kleine Schritte, die zur Aktivierung der älteren Menschen beitragen“, so Cammerlander.

Einen wöchentlichen Spaziergang mit einer Freundin zu vereinbaren könne genauso dazugehören wie das Auffrischen oder Teilen von Erinnerungen per Internet (etwa, um auf die eigene Lieblingsspeise, ein Lied oder einen Urlaubsort aufmerksam zu machen) oder das Ausprobieren neuer Lokale oder Einrichtungen, in denen der Gemeinschaftsgedanke gelebt und gefördert wird.

Cammerlander evaluierte die Testinstrumente der ersten beiden Stufen anhand der Antworten von 142 Pflegepersonen in Österreich und den Partnerländern Italien, Litauen, Spanien und Zypern. Insgesamt ergab sich zwar eine sehr gute Nutzerfreundlichkeit und Gesamtbewertung (mit Abstrichen bei der Verständlichkeit gewisser Formulierungen).

Österreich hinkt nach

In Österreich wird das Tool jedoch weniger gut angenommen als etwa in Litauen oder Spanien. Hierzulande hinke man in der Digitalisierung der Pflege noch etwas hinterher, sagt die Forscherin, die inzwischen in Wien im digitalen Krankenhausmanagement des Rudolfinerhaus tätig ist. Die Ausstattung mit mobilen Geräten sowie die Aus- und Fortbildung des Gesundheitspersonals seien jedoch wichtige Bausteine, um zukünftigen Herausforderungen gerecht zu werden. Cammerlanders Fazit: „Der Einsatz von Digital Health Tools zur Erfassung und Reduktion von Alterseinsamkeit erscheint vielversprechend und eröffnet zusätzliche Handlungsoptionen.“ Enormes Potenzial sehe sie auch im bereits geplanten EU-Fortsetzungsprojekt zur Entwicklung von Screening Tools für die psychosoziale Gesundheitsversorgung.

Lexikon

Einsamkeit ist das subjektive Gefühl des Alleinseins. Man ist sich eines emotionalen Abstands zu anderen bewusst und sehnt sich nach erfüllenden Beziehungen.

Als soziale Isolation wird jener Zustand bezeichnet, der durch einen objektiven Mangel an sinnvollen und nachhaltigen Kommunikations- und sozialen Kontakten charakterisiert ist.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.