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Bitcoin & Blockchain

Halten oder handeln? Bitcoin hält sich nicht ans Drehbuch

Der Bitcoin-Preis unterliegt einem Vierjahreszyklus. Warum also diesmal nicht beim Hoch verkaufen und beim Tief wieder kaufen, fragen sich viele. Das ist schwieriger, als man denkt.

Vor zwei Wochen hat der Bitcoin-Preis ein Rekordhoch in Euro und in Dollar hingelegt. Der alte Rekord von 69.000 Dollar aus dem Jahr 2021 wurde übersprungen. Zwischenzeitlich kostete ein Bitcoin gar 73.000 Dollar: Mit einem Marktwert von 1,4 Billionen Dollar zog Bitcoin nicht nur an der Facebook-Mutter Meta vorbei, sondern zeitweise auch auch an Silber. Alle Silberbestände der Welt reichten nicht aus, um alle Bitcoin zu kaufen. Inzwischen ist Bitcoin wieder leicht hinter Silber zurückgefallen.

Bitcoin-Hodler (benannt nach einer Verballhornung des Wortes „hold“, halten) sehen all das gelassen, sie verkaufen ihre Bitcoin ohnehin nie und tauschen sie höchstens gegen Güter, aber nicht gegen Euro oder Dollar.

Sechsstellige Kursziele

Mit jedem Höhenflug kommen aber viele Trader in den Markt, die versuchen, aus Bitcoin mehr Euro zu machen. Sie sind nun wieder in Partylaune. Vergessen ist der November 2022, als der Bitcoin-Preis infolge der FTX-Pleite unter 16.000 Dollar gerutscht war und viele großmundig angekündigt haben, mit einem Kauf erst einmal abwarten zu wollen, bis der Preis auf 10.000 Dollar oder noch tiefer fallen würde. Das tat er dann nicht.

Dafür gibt es nun wieder hochtrabende Kursziele. Die Annahme, dass der Preis noch im gegenwärtigen Zyklus sechsstellig wird, gilt fast schon als konservativ. Viele kündigen nun an, bei 250.000 oder 300.000 Dollar Gewinne mitnehmen zu wollen. Der bekannte Bitcoin-Analyst Plan B hält sogar einen Anstieg auf mehr als 500.000 Dollar im Jahr 2025 für möglich. Doch warum 2025? Folgt Bitcoin seinem bisherigen Muster, gibt es ein Jahr nach jedem Halving (Verknappung des zusätzlichen Bitcoin-Angebots) ein neues Preishoch. Halvings finden alle vier Jahre statt, das nächste steht heuer im April an. Also sollte 2025 ein Preishoch kommen, wie es auch 2021, 2017 und 2013 eines gab. Im Folgejahr sollte es mit dem Preis wieder nach unten gehen, wie das auch 2022, 2018 und 2014 geschah. Diese Korrekturen waren heftig, Bitcoin fiel um 70 bis 80 Prozent.

Die Kurswellen ausreiten?

Doch die Trader wollen gewappnet sein und kündigen nun an, beim Hoch zu verkaufen, auf den tiefen Fall zu warten und dann wieder einzusteigen. Immerhin hätte man mit dieser Strategie beim letzten Mal seine Bestände mehr als vervierfachen können: Im November 2021 hat ein Bitcoin 69.000 Dollar gekostet, um im Folgejahr auf 16.000 Dollar zu fallen.

In der Praxis ergeben sich zwei Probleme. Das erste ist ein steuerliches: Wer Bitcoin verkauft, muss in Österreich den Gewinn mit 27,5 Prozent versteuern. Es bleibt also weniger Geld für den Rückkauf über. Ausgenommen sind Altbestände, die man vor dem 1. März 2021 gekauft hat. (Ob man die für einen möglichen Trading-Erfolg verkaufen sollte, ist eine andere Frage.) Nun ist nur der Tausch von Bitcoin in Euro steuerpflichtig, nicht aber der in Stable-Coins, die etwa an den Dollar gekoppelt sind. Warum also nicht den Krypto-Winter in einer Stable-Coin überdauern und dann wieder zu Bitcoin umschichten? Ein Restrisiko gibt es: Stable-Coins können aus welchen Gründen auch immer scheitern, wie der Fall Terra-Luna im Jahr 2022 gezeigt hat. Doch selbst wenn das nicht passiert, bleibt das Problem mit dem Auffinden des richtigen Zeitpunkts.

Abweichungen vom Muster

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Bitcoin folgt zwar einem Muster, weicht von diesem aber immer wieder ab. Und das reicht oft, um die beste Planung über den Haufen zu werfen. So glaubten 2021 viele, dass der Bitcoin-Preis in diesem Zyklus sechsstellig werden würde. Im März 2021 war er bereits auf 65.000 Dollar geklettert, viel fehlte nicht mehr auf die 100.000. Doch dann brach er plötzlich ein, um auf 30.000 Dollar zu fallen. Er erholte sich aber wieder, und im November 2021 stand er bei 69.000 Dollar. Als er dann zu fallen begann, war es naheliegend anzunehmen, dass er sich ehebaldigst wieder erholen würde. Als er im Mai 2022 unter die 30.000-Dollar-Marke fiel, dachten viele, dass diese Marke ein Jahr zuvor als Unterstützung fungiert hatte, warum also jetzt verkaufen?

Im Juni 2022 kostete ein Bitcoin nur noch 20.000 Dollar. Nun merkte jeder, dass es sich um einen Bärenmarkt handelte. Doch sollte der Preis jetzt nicht wirklich auf dem Tief sein? Nie zuvor war er unter das Rekordhoch des vorigen Zyklus gefallen, und das lag bei 19.000 Dollar. Aber diesmal kam es schlimmer: Im November ging die Kryptobörse FTX pleite, und der Bitcoin-Preis stürzte auf 16.000 Dollar und damit erstmals unter das Rekordhoch des letzten Zyklus ab.

Halten und Sats stacken

Jetzt war klar, dass es sich nicht nur um einen Bärenmarkt handelte, sondern um einen wirklich schlimmen. Ab da ging es bergauf. Und heuer hat der Bitcoin-Preis schon wieder etwas gemacht, was er zuvor noch nie getan hat: Bereits vor dem Halving hat er – zumindest kurzzeitig – ein neues Rekordhoch erreicht. Bedeutet das nun, dass er bis 2025 noch viel höher steigen wird? Oder könnte das zyklische Hoch diesmal schon früher erfolgen? Das weiß man nicht. Zumal Bitcoin auch dazu neigt, mitten im Bullenmarkt stark nach unten auszuschlagen.

Bei Aktien hat sich gezeigt, dass Privatanleger, die eine Buy-and-Hold-Strategie verfolgen, besser abschneiden als solche, die ständig handeln. Freilich nur im Schnitt: Der eine oder andere geniale Investor kann natürlich viel besser sein. Ob man selbst ein solcher ist, muss jede(r) für sich selbst beantworten. Eines steht aber fest: Fast alle Bitcoin-Hodler sind derzeit im Plus. Halten oder regelmäßig ansparen kann also nicht ganz falsch sein. Oder, wie es im Bitcoin-Jargon heißt: „Stay humble and stack sats!“ Bleib bescheiden und häufe Sato­shis (Bitcoin-Einheiten) an.

Auf einen Blick

Hodler (benannt nach einer Verballhornung des Wortes „hold“, halten) verkaufen ihre Bitcoin nie und tauschen sie höchstens gegen Güter, aber nicht gegen Euro oder Dollar. Mit jedem Höhenflug kommen allerdings viele Trader in den Markt, die versuchen, aus Bitcoin mehr Euro zu machen. Ob das sinnvoll ist, muss jeder für sich entscheiden.

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