EU-Erweiterung

Nehammer: Keine Beitrittsverhandlungen mit Bosnien wären „ein großer Fehler“

Archivbild von Kanzler Karl Nehammer.
Archivbild von Kanzler Karl Nehammer.APA / APA / Max Slovencik
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Der österreichische Kanzler macht sich vor dem EU-Gipfel für Bosnien stark. Er warnt auch vor einem Nachlassen der Unterstützung für die Ukraine. Wien würde weitere Russland-Sanktionen mittragen.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat sich zuversichtlich gezeigt, dass der EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel Grünes Licht für Beitrittsgespräche mit Bosnien-Herzegowina geben wird. Er hoffe, dass dies gelingen werde, sagte Nehammer am Montag im Hauptausschuss des Parlaments in Wien. Nach wie vor gebe es Mitgliedstaaten, die skeptisch seien. Keine Beitrittsgespräche mit Bosnien zu starten, wäre aber „ein großer Fehler“.

„Auch wenn ich weiß, dass es große Bedenken gibt wegen der Republika Srpska“, fügte Nehammer hinzu. Die Republika Srpska ist der serbische Landesteil Bosniens, der von dem separatistischen Regionalpräsidenten Milorad Dodik geführt wird. Die Beitrittsgespräche seien als Motor des Reformprozesses wichtig. Die EU-Kommission habe festgestellt, dass Bosnien die Beitrittskriterien im erforderlichen Maße erfüllt habe, auch wenn noch nicht alle Bedingungen erfüllt seien. Das Land habe zuletzt sieben von der EU geforderte Gesetze verabschiedet.

Auch Ukraine wird Thema sein

Der Gipfel werde auch über die Ukraine beraten, sagte Nehammer. Er wolle sich wie zuletzt bei der Unterstützungskonferenz in Paris dafür einsetzen, dass die EU an die Länder des globalen Südens herantrete, um den Krieg zu beenden. „Dieser Krieg und das Leiden in der Ukraine muss ein Ende haben“, so Nehammer. Dazu brauche es aber mehr Fortschritte und die Unterstützung von Ländern wie Indien und China, vor allem auch um das Santionenregime gegen Russland umfassender durchzusetzen. Er habe auch mit Ägyptens Präsident Fattah Al-Sisi am Sonntag bei seinem Kairo-Besuch und mit US-Außenminister Anthony Blinken darüber gesprochen, als dieser vorige Woche in Wien war, so der Kanzler.

Nehammer betonte, eine nachlassende Unterstützung der Ukraine hätte katastrophale Auswirkungen. „Jedes Signal der Schwächung der Ukraine bestärkt den russischen Aggressor.“ Russland greife in der Ukraine gezielt zivile Ziele an und strebe derzeit nach weiteren territorialen Gewinnen, so Nehammer. Österreich sei bereit, weitere Sanktionen gegen Russland mitzutragen.

Für wen sind Bodentruppen in der Ukraine eine Option?

Dass der französische Präsident Emmanuel Macron den Einsatz von Bodentruppen in der Ukraine nicht ausgeschlossen habe, sei „keine gemeinsame Position“, betonte Nehammer. Viele Mitgliedstaaten hätten klar gesagt, dass dies für sie keine Option wäre. In der Nato laufe dazu ein Diskurs. Jeder Staat könne selbst entscheiden, inwieweit er das Risiko einer Entsendung von Truppen in Kauf nehme. „Es hat sich die Eskalationsspirale weiter nach oben gedreht.“

Auf der Tagesordnung des EU-Gipfels stehen auch Sicherheit und Verteidigung. Die Stärkung der Verteidigungsindustrie auf EU-Ebene müsse das Ziel sein, sagte Nehammer. Europa sei diesbezüglich „im Hintertreffen“. Österreich werde sich im Einklang mit der Neutralität an der EU-Strategie beteiligen, betonte der Bundeskanzler.

Nehammer macht beim Thema Migration Druck

Auf Drängen Österreichs hin werde der EU-Gipfel auch das Thema Migration beraten, so Nehammer. Der Migrationsdruck auf Europa nehme weiter zu, auch wenn Österreich rückläufige Zahlen verzeichne. Die im Februar gebilligten zusätzlichen EU-Mittel für Migration müssten nun rasch eingesetzt werden. Nehammer bezeichnete die jüngste Partnerschaftsvereinbarung mit Ägypten als gutes Beispiel von großer Bedeutung. Es brauche weitere Veränderungen, um das „kaputtes Asylsystem“ der EU zu reparieren.

Der Gipfel soll sich überdies mit dem Nahen Osten und dem Krieg Israels gegen die Terrororganisation Hamas befassen. Priorität habe die Befreiung der israelischen Geiseln, zu denen es keinen Kontakt gebe, so Nehammer. Gegenüber Al-Sisi sei er für Israels Selbstverteidigungsrecht eingetreten, sagte Nehammer. Österreich unterstütze einen Seekorridor für humanitäre Hilfe, Ägypten sei diesbezüglich ein wichtiger Partner.

Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP), die am Dienstag gemeinsam mit ihren EU-Kollegen und Kolleginnen den Gipfel vorbereitet, kündigte im Hauptausschuss des Nationalrates für 6./7. Mai eine Antisemitismus-Konferenz in Wien an. Die Zahl antisemitischer Vorfälle in Österreich sei dramatisch. Die Bundesregierung wolle insbesondere stärker auf antisemitische Vorfälle im Netz reagieren, sagte Edtstadler. (APA)

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