Verteidigung

Borrell will 90 Prozent der eingefrorenen russischen Gelder für Waffen nutzen

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell beim EU-Außenministertreffen am Montag in Brüssel.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell beim EU-Außenministertreffen am Montag in Brüssel.APA / AFP / Kenzo Tribouillard
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Der EU-Außenbeauftrage macht vor dem anstehenden EU-Gipfel einen neuen Vorschlag für die Verwendung eingefrorener russischer Gelder

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell will einen Großteil der Gewinne aus der Verwahrung eingefrorener russischer Zentralbank-Gelder für Waffenkäufe für die Ukraine nutzen. Er schlage vor, 90 Prozent der nutzbaren Einnahmen in den EU-Fonds für die Finanzierung militärischer Ausrüstung und Ausbildung zu leiten, erklärte der Spanier am Dienstag. Die restlichen 10 Prozent würden ins EU-Budget fließen und genutzt werden, um die Verteidigungsindustrie in der Ukraine zu stärken.

Borrells Angaben zufolge könnten pro Jahr etwa drei Milliarden Euro zusätzlich für die Unterstützung des von Russland angegriffenen Landes zur Verfügung stehen. Voraussetzung sei aber, dass die Mitgliedstaaten seinem Vorschlag zustimmten, sagte er im Gespräch mit einer internationalen Gruppe von Journalisten. Er wolle seinen Vorschlag am Mittwoch und damit vor dem EU-Gipfel Ende der Woche übermitteln, sagte Borrell.

Sorge um Vertrauensverlusten von Anlgern

Von Diplomaten hieß es, es sei noch unklar, ob alle Mitgliedstaaten den Vorstoß unterstützen würden. Grund seien unter anderem Sorgen wegen möglicher Klagen Russlands und Vertrauensverlusten von Anlegern. Erste Gespräche auf Spitzenebene könnte es an diesem Donnerstag beim EU-Frühjahrsgipfel in Brüssel geben.

In einem ersten Schritt für die Nutzung russischer Gelder für die Ukraine hatten die Mitgliedstaaten bereits Mitte Februar erste Gesetzestexte angenommen. Sie regeln unter anderem, dass außerordentliche Erträge aus der Verwahrung der Zentralbank künftig gesondert aufbewahrt werden müssen. In einem zweiten Schritt muss nun festgelegt werden, wie die Erträge genutzt werden.

Jährlicher Betrag in Milliardenhöhe

Den Schätzungen zufolge wird künftig jährlich ein Betrag in Milliardenhöhe anfallen, da in der EU nach Kommissionsangaben mehr als 200 Milliarden der russischen Zentralbank eingefroren wurden und die Erträge aus der Verwahrung des Kapitals laufend steigen. Das in Brüssel ansässige Finanzinstitut Euroclear hatte zuletzt mitgeteilt, 2023 rund 4,4 Milliarden Euro an Zinseinnahmen gemacht zu haben, die in Verbindung zu Russland-Sanktionen stehen.

Dass diese Gelder nicht komplett genutzt werden können, hat insbesondere damit zu tun, dass Euroclear die Freigabe eines Teils seiner Nettogewinne aus der Verwahrung russischer Vermögenswerte beantragen kann, um gesetzliche Eigenkapital- und Risikomanagementanforderungen zu erfüllen. Das Institut ist in der EU das mit Abstand wichtigste Institut, das Vermögenswerte der russischen Zentralbank verwahrt.

Keine Enteignung im eigentlichen Sinne

EU-Beamte betonen, dass es bei dem Projekt zunächst einmal nur um Einnahmen gehe, die Euroclear außerplanmäßig wegen der EU-Sanktionen gegen die russische Zentralbank mache. Es ist demnach vorerst keine Enteignung im eigentlichen Sinne geplant.

Als ein Grund dafür gelten rechtliche Bedenken und wahrscheinliche Vergeltungsmaßnahmen. Moskau hatte die EU bereits im vergangenen Jahr davor gewarnt, das Eigentum des russischen Staates oder russischer Bürger zu konfiszieren. Denkbar wäre es beispielsweise, dass dann auch in Russland tätige Unternehmen aus EU-Ländern zwangsenteignet werden. Zudem könnte eine direkte Nutzung der russischen Vermögenswerte auch dazu führen, dass andere Staaten und Anleger das Vertrauen in den europäischen Finanzplatz verlieren und Vermögen aus der EU abziehen. (APA/Reuters)

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