Strafjustiz

„Chef der Tschetschenen“ als Schutzgelderpresser angeklagt

Auch in Ottakring (Bild: Brunnenmarkt) soll der Angeklagte Schutzgelder eingetrieben haben.
Auch in Ottakring (Bild: Brunnenmarkt) soll der Angeklagte Schutzgelder eingetrieben haben. Christopher Dickie
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Schon zum zweiten Mal stand am Mittwoch ein in der Kampfsportszene bekannter Mann aus Tschetschenien vor Gericht.

„Hier geht es um Schutzgelderpressungen von Lokalbetreibern im 15. und 16. Bezirk. Es ist eine eigene Welt, die sich auftut.“ Mit diesen Worten leitete der Staatsanwalt am Mittwoch seinen Eröffnungsvortrag ein. Auf der Anklagebank saß ein alter Bekannter der Justiz: ein mittlerweile 38-jähriger Mann, der vom Staatsanwalt als „Chef der Tschetschenen“ in Wien bezeichnet wurde.

„Er ist ein bekannter Kampfsportler. Die Zeugen fürchten sich vor ihm. Wundern Sie sich nicht, falls Zeugen ihre vor der Polizei gemachten Angaben hier widerrufen werden“, erklärte der Staatsanwalt den Schöffen (Laienrichtern). Der Angeklagte selbst, der sich als MMA-Kämpfer (Mixed Martial Arts, dabei werden verschiedene Kampfsportarten kombiniert) einen Namen gemacht hat, bekannte sich „nicht schuldig“. Verteidiger Anwalt Marcus Januschke kündigte an, dass sein Klient ansonsten keinerlei Fragen beantworten werde. Nur soviel sagte der Angeklagte: Er sei „Gelegenheitsarbeiter“, habe eine Frau und fünf Kinder.

„Zum Taxler sagt man Chef“

Januschke selbst ging aber sehr wohl auf die Worte des Anklägers ein: „Mein Mandant soll der ,Chef der Tschetschenen‘ sein, sagt der Staatsanwalt. Was soll das heißen? Auf der Baustelle sagt man Chef, zum Taxler sagt man Chef, zu Leuten, die einem nichts zu sagen haben, sagt man Chef. Er ist weder Chef noch in der obersten Riege einer Bevölkerungsgruppe angesiedelt.“ Sehr wohl aber sei sein Klient der erste Tschetschene in Wien gewesen, der als MMA-Kämpfer Erfolge gehabt habe. „Er hat als Amateur, dann als Profi gekämpft und viel gewonnen. Daher ist er bekannt und wird respektiert. Aber Schutzgelderpressungen in welcher Form auch immer hat es nicht gegeben.“

Der 38-Jährige weist allerdings eine einschlägige Vorstrafe auf. Ende 2018 wurde er aus einer zweieinhalbjährigen Haftstrafe entlassen, die er wegen schwerer Erpressung und krimineller Vereinigung verbüßt hatte. Er soll dann laut Anklage nahtlos seine vorangegangenen Tätigkeiten wieder aufgenommen haben, indem er in Ottakring und Rudolfsheim-Fünfhaus von Lokalbetreibern verlangt habe, dass diese illegale Glücksspielautomaten aufstellen. Aus der ursprünglichen Zusicherung, man werde sich die Gewinne teilen, wurde nichts. Der 38-Jährige soll die gesamten Erlöse kassiert haben.

1300 Euro monatlich

Darüber hinaus verlangte der Tschetschene laut Anklage, dass bestimmte Türsteher eingestellt werden sollen. Ansonsten, so soll er gedroht haben, werde er in den Lokalen tätliche Auseinandersetzungen anzetteln. Dabei werde das Mobiliar zerstört. Damit alles ruhig bleibt, soll der 38-Jährige zunächst tausend, später 1300 Euro monatlich verlangt haben. Seine Forderungen soll er mit bedrohlichen Äußerungen wie „Dein Gesicht wird bluten“, „Du kommst direkt ins Krankenhaus“ oder „Ich schlage Dich deppert“ untermauert haben.

Schlussendlich wurde die Verhandlung vertagt. Beim nächsten Termin sollen Zeugen befragt werden. Ob diese im Straflandesgericht erscheinen werden, bleibt abzuwarten.

Weiterer Schutzgeldprozess

Indessen wartet, wie berichtet, eine jugendliche Schutzgelderpresser-Bande auf ihren Prozess. Die Gruppe hatte vergangenen September drei Brandanschläge, unter anderem mit einem Molotowcocktail, auf ein Geschäftslokal in Meidling verübt, um vom Betreiber des Handy-Shops Geld einzutreiben.

Eine umfangreiche Anklage gegen die Bande (zehn Beschuldigte im Alter zwischen 14 und 21 Jahren) liegt bereits vor. Als Rädelsführer gilt ein junger Tschetschene. Dieser soll sich sogar Notizen zu in Frage kommenden Foltermethoden des Opfers gemacht haben (m. s./APA)

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