In der Ferne forschen

Innsbrucker Forscherpaar blickt in Namibia tief ins Universum

Fünf Teleskope umfasst das H.E.S.S.-Experiment in Namibia. Die Anreise aus Windhoek führt über Schotterstraßen.
Fünf Teleskope umfasst das H.E.S.S.-Experiment in Namibia. Die Anreise aus Windhoek führt über Schotterstraßen.Mathieu de Naurois
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Die Astrophysikerin Anita Reimer sammelt an Teleskopen Daten, um Gammastrahlung im Weltall zu erklären. Ihr Mann, Experimentalphysiker Olaf Reimer, ermöglichte den Zugang zu dem Experiment für die Uni Innsbruck.

Die Anreise zum Hochplateau in Namibia ist unkompliziert. „Man fliegt in die Hauptstadt Windhoek und nimmt sich einen Mietwagen. Der muss geländegängig sein, denn teilweise fährt man in den zwei Stunden zur H.E.S.S.-Site auf Schotterwegen“, sagt Anita Reimer von der Uni Innsbruck. Die Astrophysikerin kennt die Forschungsstation nahe dem Gamsberg im Westen von Namibia seit der Gründung im Jahr 2000 und der feierlichen Eröffnung 2002.

H.E.S.S. steht für High Energy Stereoscopic System und nimmt Bezug auf den österreichischen Physiker Victor Franz Hess, der 1936 den Nobelpreis für die Entdeckung der kosmischen Strahlung erhielt. Anfangs gab es ein Cherenkov-Teleskop im Khomas-Hochland (auf 1800 m), 2003 waren es vier und seit 2012 stehen fünf Teleskope auf dem Areal. Es ist kein Observatorium wie die Europäische Sternwarte in der chilenischen Atacama-Wüste, sondern das H.E.S.S. ist als Experiment angelegt: Es ist das Projekt einer Gruppe von Forschenden aus der ganzen Welt. Die dort generierten Daten gehören dem Forschungskollektiv.

Theorie und Experiment

Das Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg hat die Leitung, am H.E.S.S.-Experiment beteiligt sind mehr als 260 Fachleute aus 13 Ländern. Anita Reimer (Leiterin der Gruppe Theoretische Astroteilchenphysik) und ihr Mann, Olaf Reimer, (Leiter der Experimentellen Astroteilchenphysik) sind seit 2009 an der Uni Innsbruck und führten ihre Forschungen an der Station in Namibia auch von Deutschland und den USA aus durch. „Als ich das erste Mal beim H.E.S.S. war, waren wir beide noch Postdoc an der Ruhr-Universität Bochum. Dann gingen mein Mann und ich nach Stanford“, erzählt Reimer. Die Arbeit an der renommierten Universität in Kalifornien war der Forschung gewidmet: „Da hatten wir keine Frontallehre, konnten aber mit Studenten arbeiten.“

Dann kam der Ruf an die Uni Innsbruck. „Tirol ist so nah an der Heimat, ich komme aus Bayern. Die Entscheidung ist schwer gefallen, weil das wissenschaftliche Umfeld in Stanford so perfekt war. Aber in Innsbruck sind wir wirklich daheim“, sagt Anita Reimer, die sich nach Aufenthalten in Australien und Kanada auch ein Leben in Australien hätte vorstellen können.

Genehmigungen klappen gut

Doch zurück nach Namibia: Wie klappt es mit den Genehmigungen, damit man an der H.E.S.S.-Station forschen kann? „Da kümmern sich zum Glück die Kollegen in Heidelberg drum. Wir bekommen ein Wissenschaftlervisum, mit dem man ein- und ausreisen kann.“ Ändert sich die Regierung in Namibia, werden solche Vereinbarungen neu verhandelt, aber bisher ist immer alles gut gegangen.

»Wir vermeiden den Mond, nutzen daher die Zeit vor und nach Neumond für unsere Datenaufnahme.«

Anita Reimer

Leiterin der Gruppe Theoretische Astroteilchenphysik, Uni Innsbruck

Die Aufenthalte in Namibia dauern circa einen Monat. „Wir vermeiden den Mond, nutzen daher die Zeit vor und nach Neumond für unsere Datenaufnahme“, sagt die Forscherin. Aus der Forschungskollaboration verbringen jeweils drei, vier Leute eine „Shift“ am H.E.S.S.: für drei Wochen jede Nacht an den Geräten, die die Teleskope steuern und Daten aufnehmen. „Wir wechseln uns ab, dass immer zwei Leute an den Monitoren sitzen.“ Die Startzeit richtet sich nach dem Wetter und dem Mondaufgang. Passiert in der Nacht etwas Unvorhergesehenes, muss die Forscherin selbst raus zu den Teleskopen: „Ich versuche das zu vermeiden, weil es dort Schlangen gibt.“

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