Junge Forschung

Wettrennen um Chip der Zukunft

Aleksandar Matkovic tüftelt an Chips, die KI-Anwendungen am Handy vereinfachen. Für ihn sei es befriedigend, keinen typischen Bürojob zu haben.
Aleksandar Matkovic tüftelt an Chips, die KI-Anwendungen am Handy vereinfachen. Für ihn sei es befriedigend, keinen typischen Bürojob zu haben.Helmut Lunghammer
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Er ging in Manchester bei einem Nobelpreisträger in die „Lehre“. Nun tüftelt Aleksander Matkovic an der Montanuni Leoben am intelligenten Elektronikchip der Zukunft.

Es klingt revolutionär, was sich Aleksandar Matkovic von der Montanuni Leoben vorgenommen hat: Er unterstützt mit seiner Forschung die Entwicklung und Optimierung von „neuromorphen“ Mikrochips. Mikrochips sind bekanntlich die Schaltzentralen in Computern, Tablets, Mobiltelefonen und vielem mehr. „Neuromorph bedeutet, dass sie ihre Struktur selbstständig ändern, abhängig von der gerade durchzuführenden Aufgabe“, erklärt Matkovic. Sie sind also im Gegensatz zu heutigen Chips keine vordefinierten Hardware-Elemente, sondern sie konfigurieren und strukturieren sich ständig neu.

„Diese Chips verändern ihren Aufbau und ihre Schaltungen im Bruchteil eines Wimpernschlags. Von Bedeutung ist das insbesondere bei Anwendungen, bei denen Deep-Learning-Algorithmen und künstliche Intelligenz (KI) im Hintergrund stehen.“ Und die schicken sich an, unseren Alltag in immer größerem Maß mitzubestimmen – sei es durch automatische Übersetzungen, Gesichtserkennung, KI-generierte Bilder bzw. Texte, sei es in Form von Fahrassistenzsystemen.

Hoffnung liegt auf 2-D-Materialien

„Je schwieriger die Aufgabe, desto komplexer der Code und desto größer die Anforderungen an Rechenleistung und Energieeinsatz“, sagt Matkovic. „Mobile Geräte, die mit konventionellen Chips ausgestattet sind, gelangen da rasch an ihre Grenzen. Neuromorphe Chips hingegen adaptieren sich selbst, statt den Code zu erweitern, werden bei komplexen Aufgaben nicht langsamer und verbrauchen so wenig Energie, dass KI-Anwendungen auch auf einem Smartphone problemlos laufen.“ Anders ausgedrückt, kann man mit ihrer Hilfe viel Leistung mit geringem Energieeinsatz erreichen. Der 40-Jährige leitet eine Forschungsgruppe, die von den Lehrstühlen für Physik und für Rohstoffmineralogie der Montanuni unterstützt wird.

Sein Ziel ist es, die besten Materialien für die „Zukunftschips“ zu finden. Dabei setzt er auf 2-D-Materialien, das sind hauchdünne Schichten von kristallinen Strukturen. „Solche Schichten sind höchstens einige Atome dick“, sagt der gebürtige Serbe, der seit seiner Promotion an der Uni Belgrad bereits mehrere namhafte Stipendien eingeheimst hat und seit dem Vorjahr Mitglied der Jungen Akademie in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ist. „Um das mit einem Gedankenexperiment zu veranschaulichen: Wenn eine solche Schicht Teil eines einen Meter langen Bands ist und man dieses Band ungefähr um das 13-Millionen-Fache streckt, sodass seine neue Länge dem Durchmesser der Erde entspricht, dann ist unsere Schicht durch die Dehnung nicht einmal einen Zentimeter lang.“

»Mich beeindruckt es, weltweite Spitzenforschung von einer Kleinstadt in den Bergen aus betreiben zu können.«

Mit seiner Forschung betritt Matkovic weitgehend Neuland: „Als ich mit dem Doktorat begann – ich wollte eigentlich Programmierer werden –, fing die Wissenschaft gerade an, sich mit 2-D-Materialien zu befassen. Das und die technischen Fortschritte auf dem Gebiet der Mikroelektronik haben mich fasziniert.“

Wie man solche Materialien isoliert, durfte Matkovic vom Entdecker selbst lernen: Der Physiker Andre Geim, der 2010 den Nobelpreis erhalten hatte, weihte den Nachwuchsforscher aus Serbien bei dessen Aufenthalt an der Uni in Manchester (England) in die Fachgeheimnisse ein. „Und als dann ein Angebot der Montanuniversität kam, bin ich in die Obersteiermark gezogen. Mich beeindruckt die Möglichkeit, weltweite Spitzenforschung von einer Kleinstadt in den Bergen aus betreiben zu können – und dann sind hier natürlich auch genügend Möglichkeiten zum Wandern, Bergsteigen oder Mountainbiken vorhanden. Und: Verkehrsstaus gibt es in Leoben so gut wie nie.“

Dass sich Forscher aus aller Welt ein Wettrennen liefern, wenn es um die Entwicklung des „Chips der Zukunft“ geht, dessen ist sich Matkovic bewusst. „So gern ich Zeit mit meiner Familie verbringe, so ist der Druck, die Forschung voranzutreiben, schon sehr groß. Gerade in einem Forschungsfeld, das sich derart rasant entwickelt, besteht immer die Gefahr, dass eine andere Forschungsgruppe einem mit der Publikation von Ergebnissen zuvorkommt.“

Zur Person

Aleksandar Matkovic (40) hat bis 2016 in Belgrad studiert und arbeitet jetzt als Forschungsgruppenleiter an der Montanuni Leoben. Seine Forschung auf dem Gebiet der Materialwissenschaft wurde unter anderem durch Stipendien seitens des Wissenschaftsfonds FWF sowie der Europäischen Kommission gewürdigt.

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