Mein Montag

Hand hoch, wer weiß, was ein Gredscheißer ist

Gredscheißer? Nein, noch nie gehört …
Gredscheißer? Nein, noch nie gehört …Clemens Fabry
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Den zweiten Teil kann man sich wohl ausmalen, aber wer oder was ist ein oder eine Gred?

Schimpfen ist ja eine Disziplin, in der die Kreativität ganz besonders ausgelebt wird. Und Schimpfwörter gehören mit zu den lustigsten Vertretern einer Sprache. Wobei so mancher Begriff vor allem regional bekannt ist und bei Außenstehenden Fragezeichen in die Comic-Sprechblase über dem Kopf zeichnet. Als Ost­österreicher könnte das zum Beispiel passieren, wenn man plötzlich über den Begriff Gredscheißer stolpert.

Mit dem zweiten Teil des Wortes kann man ziemlich sicher etwas anfangen, doch beim ersten Teil gerät man vermutlich einmal ins Stocken. Wer oder was ist denn bitte ein oder eine Gred? Nun, wir haben es hier mit einem Wort zu tun, das vor allem mundartlich verwendet wird, offenbar vor allem im bairischen Sprachraum – und ganz speziell in Oberösterreich. Bezeichnet wird damit eine erhöhte, gepflasterte breite Stufe oder Antrittsfläche an der vorderen Längsseite eines Wohngebäudes, besonders eines Bauernhofes, aber auch ein schmaler Steig entlang des Bauernhauses bis zum Stall kann damit gemeint sein. In Bayern kennt man unter anderem die Gredbank, also eine Sitzbank auf der ebenen Fläche vor dem Haus. Abgeleitet ist die Gred vom mittelhochdeutschen grêde, was für eine Stufe oder eine Treppe an oder in einem Gebäude steht. Und das kommt wiederum vom lateinischen gradus, was auch so viel wie Stufe oder Absatz bedeutet. Dass es auch damit zu tun hat, dass auf der Ebene vor dem Haus gern geredet, also „gred’t“ wird, dürfte hingegen nur eine Volksetymologie sein.

Gut, aber wer oder was ist nun ein Gredscheißer? Nun, in Oberösterreich versteht man darunter offenbar einfach ein Huhn. Es braucht nicht viel Fantasie, sich vorzustellen, wie einige von ihnen auf einem alten Bauernhof vor dem Haus gackernd ihre Geschäfte erledigt haben. Voilà! Und, habe ich Ihnen mit der Kreativität beim Schimpfen zu viel versprochen?

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

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