Morgenglosse

Der sinnlose Ruf nach einem „Bundestrojaner“

Reuters / Marton Monus
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In Zeiten, in denen offenbar wird, wie Egisto Ott mutmaßlich das bestehende System gegen den eigenen Staat wenden konnte, ist der Ruf nach einer Ausweitung der Mittel gewagt. Statt einfach immer nur wieder „Bundestrojaner“ zu rufen, könnte man sich tatsächlich überlegen, wie man diesen sicher, verfassungskonform und vor Missbrauch geschützt, umsetzt.

Bis Netflix sich die Rechte an der Causa Prima Ott sichern wird, steht das Land Kopf und statt sich intern wie auch extern um völlige Aufklärung zu bemühen, gibt es Schuldzuweisungen in alle Richtungen. Nur die Finger zeigen nie auf einen selbst, sondern immer auf die anderen. Zu allem Überfluss kommt einmal mehr die türkise Forderung nach mehr Überwachung. Die ÖVP holt dafür wieder einmal den „Bundestrojaner“ aus der Versenkung. Ist das Chuzpe oder schlechtes Timing? Oder einfach nur eine richtig schlechte Idee? 

Fünf Jahre nachdem der VfGH urteilte, dass der „Bundestrojaner“ in seiner Form nicht eingeführt werden darf, kocht dieses Thema wieder hoch. Doch selbst Gulasch wird nach mehrmaligem Aufwärmen irgendwann ungenießbar.

Dabei kommt dieses Thema zu einer Zeit, in der wie bei einer Zwiebel Schicht um Schicht enthüllt wird, wie Egisto Ott mutmaßlich das bestehende System mit all seinen bereits vorhandenen Mitteln ausnutzen konnte. Und in diesen Topf soll noch ein Instrument geworfen werden, das tatsächlich jedem jederzeit untergeschoben werden kann. Missbrauch vorprogrammiert. Menschen vor Terroristen zu beschützen, ist immer zu begrüßen. Jedes Attentat, das mit Hilfe moderner Mittel verhindert werden kann, ist willkommen. Doch im Fall des „Bundestrojaners“ kommt dieser Schutz zu einem hohen Preis. Zu hoch.

Seit dem Urteil des VfGH wurde noch immer keine adäquate technische Lösung präsentiert. Das zeigt, dass offenbar niemandem ernsthaft an der Umsetzung gelegen ist.

Es gibt keine Vorschläge, wie die Kritikpunkte des VfGH umgesetzt werden können. Zudem wird kein Wort darüber verloren, wie sichergestellt werden soll, dass der „Bundestrojaner“ nicht missbräuchlich eingesetzt wird. Dabei gäbe es zahlreiche Lösungsvorschläge – besonders für den letzten Punkt. Bei Gerichtsakten wird schon seit Jahren automatisch registriert, wer mit welchen Zugangsberechtigungen Einblick genommen hat. Im Falle eines „Bundestrojaners“ müsste der Zugriff noch strenger geregelt werden. Womit dann nur noch geklärt werden müsste, von wem die Software gekauft wird. Denn hier holt man sich einen Mitwisser an Bord, dem man zu 100 Prozent vertrauen sollte. Schwierig bei den aktuellen Anbietern.

Doch davon ist nichts zu hören. Vielmehr wird einfach nur gebetsmühlenartig das Schlagwort „Bundestrojaner“ aus der Versenkung geholt, wenn man glaubt, dass es gerade passen könnte. 

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