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„Iron Dome“, „Arrow“ und „David‘s Sling“: So funktioniert Israels Luftabwehr

Ein Teststart einer „Arrow Rakete“
Ein Teststart einer „Arrow Rakete“AFP
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Der nach dem Libanonkrieg 2006 entwickelte „Iron Dome“ hat sich bewährt. Die Besonderheit beim Angriff des Irans am Wochenende: Israel und den Verbündeten ist es gelungen, viele Raketen und Drohnen schon weit vor der Grenze Israels unschädlich zu machen. Ein Bereich, für den der „Iron Dome“ nicht ausgelegt ist.

Es war der erste direkte Angriff des Iran mit Drohnen und Raketen auf Israel. Doch trotz hunderter in der Nacht auf Sonntag abgefeuerter Geschosse konnten nach israelischen Angaben „99 Prozent“ abgefangen werden. US-Präsident Joe Biden lobte die „bemerkenswerte Verteidigungsfähigkeit“ Israels. Ein wichtiger Grund dafür ist - neben der Unterstützung durch die USA und andere Verbündete - viel ist derzeit die Rede vom israelische Raketenabwehrschirm namens „Iron Dome“. Doch das System ist nur ein Teil der israelischen Luftabwehr - denn die „Eisenkuppel“ hat eine begrenzte Reichweite von nur rund sieben Kilometern, ist also eher die letzte Verteidigungslinie.

Was bei der Verteidigung des iranischen Angriffs in der Nacht auf Sonntag relevant war: Ein Großteil der Drohnen und Raketen konnte schon viel früher abgefangen werden - weit vor der Grenze Israels. Die meisten der iranischen Drohnen sind nach Angaben aus Geheimdienstkreisen über Syrien abgeschossen worden. Israelische und amerikanische Jets hätten sie abgefangen, bevor sie ihre Ziele in Israel erreichen konnten, sagten zwei Mitarbeiter westlicher Geheimdienste zur Nachrichtenagentur Reuters. Die vom Iran gestarteten Flugkörper seien über Südsyrien, dem syrischen Teil der Golanhöhen und in Ostsyrien entlang der Grenze zum Irak geflogen.

Der „Iron Dome“: Seit 2011 im Einsatz

Mit der „Eisernen Kuppel“ schützt sich Israel seit 2011 gegen Raketenangriffe vor allem aus dem Gazastreifen und grenznahen Gebieten. Die erste Batterie des Systems wurde damals nahe der Großstadt Beerscheba in der Negev-Wüste installiert.

Die israelische Regierung hatte zuvor nach dem Libanonkrieg 2006 zunächst auf eigene Faust mit der Entwicklung des Systems begonnen. Später trugen die USA mit militärischem Know-How und Milliarden US-Dollar an finanzieller Unterstützung dazu bei.

Heute hat der Iron Dome nach Angaben des an seiner Entwicklung beteiligten israelischen Rüstungsunternehmens Rafael eine Erfolgsquote von rund 90 Prozent beim Abfangen von Geschossen.

Mehrstufiges israelisches Luftabwehrsystem

Die „Eiserne Kuppel“ ist aber eben nur Teil eines mehrstufigen israelischen Luftabwehrsystems. Die Iron-Dome-Abwehreinheiten haben darin die Aufgabe, Raketen und Mörsergranaten mit einer Reichweite von bis zu 70 Kilometern abzufangen. Jede Iron-Dome-Einheit hat drei Hauptbestandteile: ein Radarsystem, einen Computer, der die Flugbahn der eintreffenden Rakete berechnet, und eine Abschussvorrichtung, die eine Abfangrakete abfeuert, wenn eine zuvor erkannte Rakete auf bebautes oder strategisches Gebiet treffen könnte.

Jede Iron-Dome-Einheit verfügt über bis zu 20 solcher Abschussvorrichtungen. Die Einheiten sind mobil, können also relativ schnell dorthin verlegt werden, wo sie gerade benötigt werden. Seit dem Einsatz des „Iron Dome“ im Jahr 2011 wurden damit bereits Tausende Raketen abgefangen, die von der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen oder von der pro-iranischen Hisbollah im Libanon abgefeuert wurden.

Systeme „Arrow“ und „David‘s Sling“

Neben dem „Iron Dome“ gehören zur israelischen Raketen- und Marschflugkörper-Abwehr inzwischen weitere Systeme: das System „Arrow“ (zu Deutsch: „Pfeil“), das auf die Abwehr ballistischer Raketen ausgerichtet ist - und das System „David‘s Sling“ („Davids Steinschleuder“), mit dem Mittelstreckenraketen und Mittelstrecken-Lenkflugkörper abgefangen werden sollen.

Israel verfügt nach Angaben des am „Iron Dome“ beteiligten US-Rüstungskonzerns RTX über insgesamt zehn Einheiten des Abwehrsystems. Andere Schätzungen gehen von mehr Einheiten aus.

Die „Arrow“ -Abwehrraketen sind etwa sieben Meter lang und haben eine Reichweite von 90 bzw. 150 Kilometern. Sie fliegen mit neunfacher Schallgeschwindigkeit. Damit lassen sich Geschosse feindlicher Länder schon weit vor der Grenze abfangen.

„David‘s Sling“ ist seit 2017 im Einsatz und hat seine Stärke im Abfangen von hoch fliegenden ballistischen Raketen, aber auch von tief nahenden Cruise Missiles. Die Reichweite ist allerdings deutlich kleiner als jene von „Arrow“: nur rund 25 Kilometer.

Neben diesen beiden Hauseigenen Systemen setzt Israels Luftabwehr aber auch auf das US-System „Patriot“, das zuletzt im Ukrainekrieg verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist. Entwickelt wurde es schon im Ersten Golfkrieg 1991.

Ein einzelnes Geschoss: 40.000 bis 50.000 US-Dollar

Die Kosten eines einzelnen Iron-Dome-Abfanggeschosses belaufen sich der in Washington ansässigen Denkfabrik Center for Strategic and International Studies zufolge auf zwischen 40.000 bis 50.000 US-Dollar (umgerechnet rund 37.500 bis 46.900 Euro). Die Herstellung eines kompletten Abwehrsystems kostet demnach rund 100 Millionen US-Dollar.

Der „Iron Dome“ ist ein strategischer Bestandteil der Allianz zwischen den USA und Israel. Im August 2019 unterzeichneten die USA einen Vertrag zum Kauf von zwei Iron-Dome-Einheiten, um die eigene Abwehr gegen Kurzstreckenraketen zu stärken. (APA/Reuters/red.)

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