Gentechnik

Impfstoffe können in Pflanzenblättern entstehen

Nahe Verwandte der Tabakpflanze, wie sie hier abgebildet ist, eignen sich als Modell für die Forschung.
Nahe Verwandte der Tabakpflanze, wie sie hier abgebildet ist, eignen sich als Modell für die Forschung. M. Heil/Getty
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Mit einem neuen Verfahren könnten künftig Pflanzen die Antikörperproduktion für Impfungen in industriellem Maßstab erledigen. Versuche dazu laufen an der Boku Wien.

Durch die vergangenen, pandemiegeplagten Jahre dürfte sich das Wissen vieler Menschen rund um Impfungen wohl zwangsläufig erweitert haben. Häufig diskutiert wurden dabei die verschiedenen Konzepte der aktiven Impfung: Das körpereigene Immunsystem wird durch mRNA, abgeschwächte lebende, tote oder sogar nur Teile von Krankheitserregern darauf trainiert, diese zu erkennen und passende Antikörper gegen die Infektion zu produzieren. Das schützt zwar vorbeugend und langfristig, doch es braucht eine Weile, bis sich die Immunabwehr vollständig aufgebaut hat.

Hat sich der Erreger aber bereits eingenistet und ausgebreitet, braucht es Sofortmaßnahmen – hier kommt die passive Impfung zum Einsatz, bei der direkt die passenden Antikörper verabreicht werden. Doch deren Produktion ist bisher ein teures, aufwendiges Verfahren, sie müssen entweder unter hochsterilen Bedingungen in der Zellkultur erzeugt oder aus menschlichem oder tierischem Blutserum gewonnen werden. Forschende unter der Leitung von Herta Steinkellner an der Universität für Bodenkultur in Wien und am Austrian Center of Industrial Biotechnology (ACIB) arbeiten deshalb an einer kostengünstigeren Alternative: Antikörper könnten in Zukunft von Pflanzen produziert und mit ihnen geerntet werden.

Bakterien als „Gentaxi“

Generell sind Pflanzen dafür hervorragend geeignet, findet Herta Steinkellner. „Antikörper sind Proteine. Und die werden von Pflanzen prinzipiell auf die gleiche Weise hergestellt wie von Tieren oder Menschen. Man muss ihnen jedoch die richtigen Gene zur Verfügung stellen.“ Die Gewächse brauchen also eine Bauanleitung in Form von DNA, um aus einzelnen Aminosäuren menschliche Antikörper zusammenzusetzen. Dabei kommt den Forschenden ein spezieller Mikroorganismus zur Hilfe: Das Agrobacterium tumefaciens, ein Einzeller, der darauf spezialisiert ist, genetisches Material in Pflanzenzellen zu übertragen. Setzt man diesem Bakterium menschliche Antikörpergene ein, schleust es auch diese in die Pflanzen.

Der große Vorteil der Methode: Man muss nicht in langwieriger Laborarbeit die Antikörpergene in das Genom einbauen und daraus dann als „transgen“ bezeichnete Pflanzen großziehen. Stattdessen lässt man das Agrobacterium die Arbeit an ausgewachsenen Pflanzen durchführen. Nach wenigen Wochen haben sich in den Blättern dann genügend Antikörper gebildet, um Ernten zu können.

»„Es braucht natürlich eine Pflanze, die große Blätter hat und schnell wächst: Daher arbeiten wir mit Nicotiana benthamiana, einer Verwandten der Tabakpflanze. «

Herta Steinkellner,

Universität für Bodenkultur

„Dazu braucht es natürlich eine Pflanze, die große Blätter hat und schnell wächst“, erklärt Steinkellner. „Daher arbeiten wir mit Nicotiana benthamiana, einer Verwandten der Tabakpflanze. Die ist zudem ein gut untersuchter Modellorganismus und hat sehr zarte Blätter, bei denen sich das Agrobakterium leichttut.“

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