Immobilien

Zinshäuser: Alte Gemäuer, neue Marktsituation

Hohe Zinsen, günstigere Einstiegspreise: Die Rahmenbedingungen begünstigen eigenkapitalstarke Investoren.
Hohe Zinsen, günstigere Einstiegspreise: Die Rahmenbedingungen begünstigen eigenkapitalstarke Investoren.Clemens Fabry
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Die Preise für Wiener Gründerzeithäuser sind – bis auf wenige Ausnahmen – deutlich gesunken. Unterdessen verändert sich das Verhalten der Marktteilnehmer.

Preis auf Substanz, Rendite kein Thema, Geld kostete nichts. So lauten die Schlagworte, mit denen Hubert Fröschl, Leitung Zinshaus- und Investmentbereich bei der S Real, die vergangenen Jahre beschreibt: „Jetzt spricht man wieder über Renditen, Nebenkosten und Geldkosten. Damit ist wieder Rechnen gefragt auf allen Seiten.“ Fröschl findet es „sehr gut, dass in Zukunft das Zinshaus wieder als Immobilienobjekt (Wohnen bzw. Gewerbe) gesehen wird, und nicht als Handelsobjekt“.

„Das Karussell der Zinshäuser dreht sich mit halber Kraft“, beschreibt Eugen Otto, Geschäftsführer von Otto Immobilien, das aktuelle Geschehen auf dem Markt: „Wir erleben eine ganz massive Veränderung im Verhalten der Marktteilnehmer.“ Und das zeigt sich in vielen Ausprägungen.

„Überraschende“ Entwicklung beim Transaktionsvolumen

Auffällig ist etwa, dass die Anzahl von „Share Deals“ zugenommen hat. „Dabei wird nicht das Zinshaus selbst, sondern die Gesellschaft verkauft, die dieses hält“, erklärt Florian Schmidl. „Share Deals machen rund 40 Prozent des Transaktionsvolumens aus. Das Volumen hat uns überrascht.“ Der Geschäftsführer von Mazars Österreich (Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung) führt diese Entwicklung einerseits auf den Umstand zurück, dass immer mehr Zinshäuser durch Gesellschaften gekauft werden – dadurch steigt die Anzahl verfügbarer Share-Deal-Optionen im Verkaufsfall. Andererseits wurde festgestellt, dass innerhalb der ­Share Deals die Anzahl gruppen- bzw. familieninterner Übertragungen stark angestiegen ist. „Dies könnte unter anderem durch das aktuell günstige Umfeld und damit reduzierte Transaktionskosten begründet sein“, sagt Schmidl.

Generell ist seit Jahresanfang etwas mehr Aktivität auf dem Wiener Zinshausmarkt zu beobachten, berichtet Herwig M. Peham, Bereichsleiter Investment bei EHL: zwar immer noch auf einem niedrigen Niveau, „aber es finden mehr Besichtigungen statt und es kommen mehr Kaufangebote“. Phillip Maisel, Teamleiter Zinshaus bei ­Otto Immobilien, teilt diesen Eindruck: „Die Marktverhältnisse laden ein, dass kapitalstarke Investoren wieder Zinshäuser kaufen.“ Durch die gesunkene Nachfrage haben die Gründerzeithäuser auch einen Preisschritt nach unten gemacht. Damit kehren die Durchschnittspreise auf das Niveau des Jahrs 2020 zurück.

Investoren suchen nach kernsanierten Objekten

Der Rückgang betrifft aber nicht alle Lagen gleich, das führt insbesondere in den Bezirken außerhalb des Gürtels zu attraktiveren Einstiegspreisen. Dennoch „konzentrieren sich alle auf die besten und interessantesten Lagen“, betont Peham: „Wer derzeit das Geld hat, der sucht sich das aus, was in sein Portfolio passt.“ Kernsanierte und entwickelte Immobilien stehen im Fokus, Nachhaltigkeit und Zinshausbewirtschaftung wieder im Vordergrund. Zinshausbesitzer konzentrieren sich auf ihren Bestand und versuchen ihn höherwertig zu machen. Peham: „Häuser wurden noch vor einiger Zeit rasch ‚gedreht‘ – das passiert jetzt nicht mehr.“

Wertstabile Mangelware

Auch wenn die Zinshäuser in einigen Lagen preislich nachgeben, betrifft das nicht die hochwertig sanierten Altbauwohnungen. „Diese sind immer schon Mangelware auf dem Wiener Wohnungsmarkt gewesen“, sagt Michael Schmidt, Geschäftsführer der 3SI Immogroup. „Dadurch waren und blieben sie auch zuletzt sehr wertstabil. Die Nachfrage hat auch in den vergangenen Monaten – zumindest bei uns – nie spürbar nachgelassen.“ Im Jahr 2023 hat das Unternehmen über 100 Eigentumswohnungen verkauft. Einen Preisverfall sieht Schmidt im Altbausegment nicht: „Eher im Gegenteil.“

Aber was tun mit den unsanierten Zinshäusern im Bestand? „Wer auf dem Peak gekauft hat, den holte die Vergangenheit ein“, sagt Maisel. „Einige versuchen zu sanieren, aber da wird eine Pinselsanierung nicht ausreichen.“ Zumal noch ein weiterer Brocken auf die Eigentümer wartet, zeigt Helga Noack auf, geschäftsführende Gesellschafterin des Bauplaners DenkMalNeo: „Was hat das Zinshaus nicht alles erlebt. Monarchie, Inflation, Kriege, Demokratie. Und jetzt auch noch ESG.“ Das dürfte aber noch nicht allen klar sein, Fröschl stellt fest, „dass sich Käufer über ESG und Taxonomie fast keine Gedanken gemacht haben und machen. Wenn sie bei der Bank eine Finanzierung beantragen und einen Fragebogen über ESG und Taxonomie bekommen, herrscht Verwunderung.“

Langfristiger Plan

Noack empfiehlt daher den Eigentümern: „Ein langfristig angelegter Sanierungsplan erleichtert kurzfristige Entscheidungen oder nimmt sie sogar vorweg.“ Fernwärmeanschluss, Heizungstausch, Dämmung, allgemeiner Zustand des Hauses, Förderprogramme sind Punkte, die man berücksichtigen sollte. „Von der Begrünung über die Wärmepumpe bis zum Balkonanbau – wer das Potenzial seiner Immobilie kennt, kann im günstigsten Zeitpunkt handeln“, so Noack. Auf dem Zinshausmarkt zeigen sich also neue Gegebenheiten, wobei sich eines nicht verändert hat, wie Peham feststellt: „Der Zinshausmarkt ist ein österreichischer Markt, und weiterhin sind die heimischen Investoren aktiv.“

Preise und Renditen

Die Preise für Wiener Zinshäuser sind seit Herbst 2023 erneut deutlich gesunken, im Durchschnitt um knapp 14 Prozent. Die niedrigsten Einstiegspreise sind weiterhin in den Bezirken außerhalb des Gürtels zu finden. Gründerzeit-Zinshäuser in Wien werden aktuell um rund 1540 Euro/m² Nutzfläche verkauft, die Durchschnittspreise sind somit auf dem Niveau von 2020. Laut Otto Immobilien ist derzeit eine Rendite von mehr als drei Prozent in allen Bezirken außer der Inneren Stadt erzielbar.

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