Junge Forschung

Sie sucht eine Ursache von Kinderkrebs

Die Sizilianerin Ornella Urzì sucht nach den Zellen im Körper, die der Ursprung von Krebsarten namens Sarkom sein können.
Die Sizilianerin Ornella Urzì sucht nach den Zellen im Körper, die der Ursprung von Krebsarten namens Sarkom sein können.Caio Kauffmann
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Die Biotechnologin Ornella Urzì forscht an der St. Anna Kinderkrebsforschung zum Ursprung seltener Tumore der Weichteile im Jugendalter, sogenannter Sarkome.

„Es fühlt sich schon ein bisschen an wie zu Hause“, meint Ornella Urzì, die es für die Forschung von Italien nach Österreich gezogen hat. Ursprünglich aus dem süditalienischen Palermo hat sie seit einem Jahr in Wien eine zweite intellektuelle Heimat und ihr Forscherglück gefunden. Dass die Stadt international und attraktiv ist, hat dabei geholfen, sowie ein Marie-Curie-Stipendium der EU. Urzì hat damit die Möglichkeit, an der St. Anna Kinderkrebsforschung zu arbeiten, wo sie in der Gruppe von Eleni Tomazou die Krankheitsgenese von Weichteiltumoren erforscht.

Diese Tumore der Knochen, Gelenke und Bindegewebe (Sarkome) sind zwar selten, betreffen jedoch überproportional viele Jugendliche: 20 Prozent aller Krebsfälle bei Menschen unter 30 sind ein Sarkom. Ornella Urzì will dem Ursprung auf den Grund gehen. „Als ich sieben Jahre alt war, starb meine Großmutter an Krebs, und ich fragte mich, warum es für diese schreckliche Krankheit keine Heilung gibt.“ Die Frage ließ sie nie mehr los. Sie studierte medizinische Biotechnologie in Palermo und forschte vorerst im Rahmen ihres Doktorats an der Kommunikation von Tumorzellen mit dem sie umgebenden Gewebe im Körper.

Hoffnung auf Heilung ohne Chemo

Für ihre weitere Arbeit als Postdoktorandin wollte sie aber den tatsächlichen Ursprung von Krebs ergründen und neue Heilungsansätze entwickeln. „Als ich die Anzeige für die Stelle an der St. Anna Kinderkrebsforschung gesehen habe, wusste ich, das ist für mich gemacht“, erzählt sie. Denn für die sehr seltenen Sarkome gibt es bis heute kaum Therapie außer hoch dosierter Chemotherapie: ein schweres Los für die oft jungen Patienten. „Vielleicht können wir hier mit unserer Arbeit in Zukunft etwas verbessern“, hofft die selbst erst 28 Jahre junge Wissenschaftlerin.

Im Team von Eleni Tomazou will sie nun erklären, aus welchen Zellen genau Sarkom-Tumore entstehen. Denn bis heute ist unklar, aus welchem Zelltypus sich die seltene Krebsart entwickelt. Bekannt ist nur, dass davon Knochen, Gelenke, Fett- und Bindegewebe betroffen sind und es über 70 Untertypen gibt. Im aktuellen Projekt möchte Urzì daher pluripotente Stammzellen so manipulieren, dass daraus Sarkom-Zellen werden.

Genetische Kombinationen in den Stammzellen

Die sehr unreifen Stammzellen, die sich zu allen Gewebetypen entwickeln können, sollen durch gezielte genetische Veränderungen Eigenschaften der Krebszellen annehmen und dadurch Informationen liefern, wie dieser Prozess im menschlichen Körper ablaufen könnte. Dazu testet die Forscherin die Wirkung von prominenten genetischen Veränderungen, die bekannterweise diese Krebsart auslösen können – sogenannte Fusions-Onkogene – im Zusammenspiel mit einer Vielzahl anderer potenziell involvierter Gene. Mithilfe der Crispr-Genschere können all diese Genabschnitte gezielt neu eingefügt werden, ihre Aktivität kann verändert oder auch ganz entfernt und so eine Vielzahl von Varianten geschaffen werden. Die Hypothese ist, dass gewisse genetische Kombinationen die Stammzellen im Laufe ihrer Entwicklung zu Tumorzellen ähnlich dem Sarkom machen. Und der Forschung damit den genetischen Entstehungsweg der Sarkom-Tumorzellen offenbaren.

»Als ich sieben Jahre war, starb meine Großmutter an Krebs, und ich fragte mich, warum es keine Heilung gibt.«

Ornella Urzì

„Der genetische Fingerabdruck kann in Zukunft auch ein Ansatz für neue Therapien sein“, erklärt Urzì. Denn weiß man erst einmal, wie sich die Tumorzellen entwickeln, könnte dieser Vorgang irgendwann medikamentös aufgehalten und der krebsfördernde Effekt einzelner Gene verhindert werden. Unterstützung für ihr Projekt erhält Ornella Urzì von den Bioinformatikern in der Forschungsgruppe, die die Datenanalyse und experimentelle Konzeption mitgestalten.

Und natürlich von der Teamleiterin Tomazou, in der sie eine intellektuelle Komplizin gefunden hat. „Wir haben dieselbe Leidenschaft für Forschung“, sagt Urzì. „Und die braucht man unbedingt, wenn die Dinge mal nicht so gut laufen.“ Denn auch wenn es eine Zeit lang negative Ergebnisse gibt: „Man darf nicht aufgeben. In unserer Forschung geht es ja nicht um uns, sondern um eine größere Sache: die kleinen Patientinnen und Patienten.“

Zur Person

Ornella Urzì (28) studierte Molekulare Medizin und Biotechnologie an der Universität Palermo (Italien). Für ihr Doktorat forschte sie an der Tumor-Gewebe-Kommunikation an den Universitäten von Palermo und Göteborg (Schweden). Seit 2023 arbeitet sie als Postdoktorandin an der St. Anna Kinderkrebsforschung in Wien.

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