Altmeisterauktion

Frauen in der Kunst auf dem Vormarsch

„Die Obstverkäuferin“ von Louyse Moillon gehört zu den Hauptwerken bei der Classic Week im Dorotheum und ist auf 200.000 bis 300.000 Euro geschätzt.
„Die Obstverkäuferin“ von Louyse Moillon gehört zu den Hauptwerken bei der Classic Week im Dorotheum und ist auf 200.000 bis 300.000 Euro geschätzt.Dorotheum
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Kunst von Frauen ist gefragt. Das zieht sich durch alle Epochen. So versteigert das Dorotheum bei der Altmeisterauktion nächste Woche ein Werk von Louyse Moillon.

Museumsausstellungen, die sich den so lang übergangenen Alten Meisterinnen widmen, gibt und gab es reichlich: Aktuell etwa im Kunstmuseum Basel „Geniale Frauen. Malerinnen vom 16. bis 18. Jahrhundert“, die bis 30. Juni läuft, die Royal Academy of Arts in London widmet ebenfalls bis Ende Juni Angelika Kauffmann eine eigene Schau und das Arp Museum in Bern zeigt bis 16. Juni in Kooperation mit dem Museo Nacional Thyssen-Bornemisza „Maestras. 1500 bis 1900“. Die jahrhundertelange Diskriminierung von Frauen in der Kunst versucht man in nur wenigen Jahren aufzuarbeiten und auszugleichen. Ein hehres Unterfangen, doch von einer echten Emanzipation ist die Kunst noch weit entfernt. Die gestiegene institutionelle Aufmerksamkeit schlägt sich auch auf dem Kunstmarkt nieder, wo die Nachfrage für Alte Meisterinnen zuletzt kräftig zugelegt hat.

Das Wiener Dorotheum hat sich auch bei den Malerinnen dieser Sparte einen Namen gemacht. In der kommenden Altmeisterauktion am 24. April im Rahmen der Classic Week zählt etwa das Werk „Die Obstverkäuferin“ von Louyse Moillon, das einen Schätzwert von 200.000 bis 300.000 Euro hat, zu den Toplosen.

Künstlerfamilie

Künstlerinnen sind zwar seit der Antike namentlich dokumentiert, aber erst mit der Verbreitung humanistischer Ideale im Zeitalter der Renaissance ist es den Malerinnen auch gelungen, in der männerdominierten Kunstproduktion Fuß zu fassen. Doch ein einfacher Weg war das nicht, denn den Frauen war der Zugang zu den großen Werkstätten verwehrt. Die meisten Malerinnen des 16. und 17. Jahrhunderts entstammten Künstlerfamilien mit Zugang zu Malereibedarf und Bildung und arbeiteten in der Regel fast ausschließlich in der familieneigenen Werkstätte.

Das trifft auch auf Louyse Moillon zu. Ihr Vater war Maler und Kunsthändler, ebenso ihr Stiefvater, François Garnier, und ihr Bruder Isaac war eines der ersten Mitglieder der Königlichen Akademie für Malerei und Bildhauerei in Frankreich. „In diesem Umfeld aufgewachsen, wurde Louyse schnell zu einer der führenden Stilllebenmalerinnen im Frankreich des 17. Jahrhunderts, die in ihren Werken flämische und französische Einflüsse verband“, schreibt Dorotheum-Experte Mark MacDonnell im Katalog. Die Moillons waren Calvinisten und lebten in der Gegend von Pont Notre-Dame, im selben Viertel wie viele Künstler, die aus religiösen Gründen aus Holland geflohen waren und die Tradition der Stilllebenmalerei mitgebracht hatten.

Der Großteil von Moillons Gemälden entstand in den 1630er-Jahren. „Im Jahr 1641 malte sie zusammen mit Jacques Linard und Pieter van Boeckel eine große Komposition mit Früchten und Blumen, doch in den folgenden Jahren scheint ihre künstlerische Produktion zum Erliegen gekommen zu sein. Sie schuf vor allem kleinformatige Stillleben, während anspruchsvollere Kompositionen mit einer oder mehreren Figuren, wie sie das vorliegende Gemälde darstellt, äußerst selten sind“, so MacDonnell. Nur rund 40 Leinwände sind laut Dorotheum erhalten, viele davon in Museen wie dem Louvre oder dem Musée des Beaux-Arts in Straßburg. Der höchste Zuschlag für Moillon liegt bei 1,3 Millionen Euro, erzielt 2022 vom französischen Auktionshaus Aguttes für ein „Stillleben mit Erdbeerschale, Kirschkorb und Stachel­beeren“.

Porträtstudie von Goya

Das zweite Highlight der Altmeisterauktion stammt von einem der bedeutendsten Protagonisten der Kunstgeschichte, Francisco José de Goya y Lucientes. Es handelt sich um eine Porträtskizze der Infantin María Isabel von Spanien, die Goya 1800 in Vorbereitung des großen Gruppenporträts „Die Familie Carlos IV.“ malte, das sich heute im Museo del Prado in Madrid befindet. Zehn Vorstudien, allesamt Ölskizzen, hatte Goya dafür angefertigt. Fünf davon werden im Prado in Madrid aufbewahrt. „Der Künstler legte großen Wert auf die Lichtwirkung im Gesicht, auf Körper und Kleidung der späteren Königin beider Sizilien“, heißt es im Katalog. Sein analytischer, realistischer Stil gebe einen Einblick in die Conditio humana jenseits der sozialen Maske und führe die Porträtmalerei an die Schwelle zur Moderne.

Das Dorotheum weist im Katalog aber auch darauf hin, dass dieses bis dato wenig bekannte Werk bisher nicht von allen Forschern akzeptiert beziehungsweise nicht umfassend geprüft worden sei. „Es wurde jedoch von Roberto Longhi und August L. Mayer, von Xavier Desparmet-Fitz-Gerald sowie von Juan Antonio Gaya Nuño als eigenhändiges Werk von Goya angesehen. „1952 war es als eigenhändiges Werk Goyas auf der XXVI. Biennale di Venezia ausgestellt“, heißt es im Katalog. Der Schätzwert beträgt 300.000 bis 400.000 Euro. Übrigens wurde erst im Vorjahr von Christie’s ein neuer Rekord für ein Doppelporträt erzielt: „Porträt von Doña María Vicenta Barruso Valdés, auf einem Sofa sitzend, mit einem Schoßhund“ und „Porträt ihrer Mutter Doña Leonora Antonia Valdés de Barruso, auf einem Stuhl sitzend, einen Fächer haltend“ wurden gesamt um 12,8 Millionen Euro zugeschlagen.

Einen Tag später stehen bei der Classic Week Gemälde des 19. Jahrhunderts am Programm und auch hier stehen Malerinnen im Rampenlicht. So war Tina Blau die erste Frau des österreichischen Stimmungsimpressionismus, die mit Staffelei und Pinsel en plein air arbeitete. Sie malte in der freien Natur und dokumentierte ihre Umgebung, ihr moderner Formalismus dient auch als historische Bildquelle.

Einer ihrer beliebtesten Studienorte waren der Wiener Prater und die Donau-Auen, sie unternahm aber auch mit ihrem Kollegen Emil Jakob Schindler ausgedehnte Reisen, vor allem nach Holland. Bei der kommenden Auktion kommen gleich drei Arbeiten von ihr zum Aufruf, darunter auch das Bild „Mühle in Dordrecht“, das auf 60.000 bis 80.000 Euro geschätzt wird. Interessanterweise ist auch der bis heute ungebrochene Rekord von Blau ein Motiv aus Holland. „Kanal bei Amsterdam“ erzielte 2004 bei den Wiener Kunstauktionen, heute „Im Kinsky“, 180.000 Euro. Eine weitere Stimmungsimpressionistin ist Marie Egner, die eine Meeresbrandung in Istrien malte. Schätzwert: 30.000 bis 40.000 Euro. Viele Moden bestimmten die Malerei des 19. Jahrhunderts, aber kaum ein Phänomen hat diese Epoche mehr geprägt als der Orientalismus. Der Orient spiegelte europäische Sehnsüchte: Es war einerseits der Wunsch nach Ursprünglichkeit, der Zivilisationsmüde erfasste, andererseits faszinierte die Mischung aus Exotik und Erotik, Dekadenz und Sinnlichkeit. Viele europäische Künstler widmeten sich dem Thema und unternahmen Studienreisen.

Orient hat eigenes Klientel

Beliebte Motive der Orientalisten waren Haremsszenen oder Porträts. Das von der abendländischen Sicht geprägte Bild des Alltagslebens im Orient war ebenfalls Gegenstand vieler Gemälde. Bis heute haben Motive aus dem Orient ihr eigenes Klientel. Am 25. April kommen einige Beispiele dieser Kunstgattung zum Aufruf. Das Topwerk ist die „Lautenspielende Odaliske am Bosporus“ von Fausto Zonaro. Er wurde sogar zum Hofmaler von Sultan Abdül Hamid II. in Konstantinopel. Die junge Haremsdame ist auf einem Boot platziert, im Hintergrund die Hauptstadt. Geschätzt wird das Bild auf 240.000 bis 280.000 Euro.

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