Für Hanna Pribitzer sind ihre bis dato 161 „Vienna Zines“ eine Liebeserklärung an Wien, auf Analogfilm festgehalten.
Fanzineist Vienna

Fan-Magazine aus Handarbeit

Einfach selbst machen: Liebevoll gestaltete, originell aufgemachte Publikationen besiedeln die bunte Fanzine-Welt.

Alles, was zählt, ist eine Idee. Dann kann es wirklich alles sein“, fasst Deniz Beser mit Blick auf den kleinen Stapel Hefte vor sich einen Grundsatz des Fanzines zusammen. Begeisterung für ein Thema oder für eine Gestaltungsweise und den Willen, sie zu teilen: Seit dessen Anfängen braucht es nicht mehr für so ein Druckwerk, dessen Namen auf einem Kofferwort aus Fan und Magazin beruht und das heute weiterhin und womöglich mehr denn je in einer Unzahl an Formaten und Inhalten aus diversen Nischen sprießt. Wenn Beser die Seiten der Heftchen durchblättert, die vor ihm liegen, entfalten sich zwischen dem Papier unterschiedlichste Welten. Da huldigt eines auf die Straße geworfenen Weihnachtsbäumen, ein Fotobuch erzählt in Querformat vom Zusammenleben mit einer Katze. Collagen und analoge Illustrationen bestimmen das Layout der Exemplare, die Beser selbst schon produziert hat – darunter eines über die Coronapandemie, ein anders über Tinderselfies, eine Ausgabe über Statuen im öffentlichen Raum in der Türkei.

Beser ist bildender Künstler, er nützt Fanzines für seine Kunstpraxis. Als er vor wenigen Jahren aus Istanbul nach Wien übersiedelte, nahm er seine Liebe für diese speziellen selbst verlegten Zeitschriften in Kleinauflage mit. Und auch materiell packte er sie ein, zog doch ein Teil seines privaten Archivs bei ihm in Wien ein. Wenn Beser seine Sammlung erwähnt, klingt das beachtlich: Über 3000 Ausgaben stapeln sich darin. Sammeln gehöre zur Fanzine-Kultur ja generell dazu, findet Beser, man tauscht Magazine und tauscht sich mit ihnen über Fantum aus. Eine Leidenschaft, die weltweit immer mehr Enthusiasten wie er teilen würden, weiß er von eigenen Messeteilnahmen rund um die Welt. Um auf diese Fülle zu reagieren, gründete er mit ­Fanzineist 2016 auch in der Türkei eine solche Messe und nahm das Format bei seinem Umzug vor fünf Jahren dann nach Wien mit. Wenn demnächst deren nächste Ausgabe im Semperdepot startet, erwartet er mit rund 130 Teilnehmenden wieder einen gesteigerten Zulauf. Printmedien selbst gestalten, schreiben, drucken: Es scheint zunächst aberwitzig und anachronistisch, dem heute nachzugehen. Doch Beser beobachtet Gegenteiliges: „Es ist trendiger als je zuvor. Vielleicht ist es Leuten ja langweilig geworden, auf Smartphones zu scrollen, und sie brauchen wieder so eine analoge, altmodische und romantische Art zu lesen wie ein Zine.“

Deniz Beser will mit seiner Messe Fanzineist eine Bewegung von Fanzineisten auslösen.
Deniz Beser will mit seiner Messe Fanzineist eine Bewegung von Fanzineisten auslösen.Sehlem Kacar

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