Morgenglosse

Die Pläne, Flüchtlinge nach Syrien abzuschieben, sind absurd

Bilder von Syriens Machthaber Bashar al-Assad und seinem Verbündeten, dem iranischen Revolutionsführer Khamenei, im palästinensischen Flüchtlingslager Yarmouk in Damaskus.
Bilder von Syriens Machthaber Bashar al-Assad und seinem Verbündeten, dem iranischen Revolutionsführer Khamenei, im palästinensischen Flüchtlingslager Yarmouk in Damaskus. APA / AFP / Louai Beshara
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Menschen, die jetzt nach Syrien zurückgehen, haben die Wahl: Zwischen einem Leben unter türkischen Bomben, der Herrschaft von Islamisten oder der eines Regimes, das Menschen für immer in Folterkellern verschwinden lässt.

Gerhard Karner zeigt sich beharrlich. Abschiebungen müssen auch nach Syrien möglich sein, fordert der ÖVP-Innenminister in regelmäßigen Abständen. So auch jetzt wieder bei einem Ministertreffen in Basel. Und auch die FPÖ macht sich dafür stark. Angesichts von Straftaten, die zuletzt von Flüchtlingen aus Syrien begangen wurden, mag das Ansinnen auf den ersten Blick nachvollziehbar wirken. Doch auf den zweiten Blick ist klar: Die Pläne sind absurd.

Derzeit werden zwangsweise Rückführungen vor allem im Zusammenhang mit Straffälligkeit diskutiert. Im Hintergrund schwingt aber bereits mit: Es wäre eigentlich Zeit für Flüchtlinge in Österreich, langsam nach Syrien zurückzukehren. Weil es nun dort ja friedlich und sicher sei, wie es heißt. Nur stimmt das nicht.

Sicherheit ist nicht nur Frage von Krieg und Frieden

Zwar ist der Krieg in Syrien zuletzt aus der öffentlichen Aufmerksamkeit verschwunden: Frieden ist in dem Land aber auch nach mehr als einem Jahrzehnt massiver Gewalt noch immer nicht eingekehrt. Ja, es stimmt: In vielen Gebieten, die das Regime des Diktators Bashar al-Assad kontrolliert, ist es mittlerweile relativ ruhig. Etwa in der Hauptstadt Damaskus. Das wird auch als Argument von denen vorgebracht, die Abschiebungen nach Syrien befürworten.

Dabei wird aber eines übersehen: Sicherheit in dem Land ist nicht nur eine Frage von Krieg und Frieden. Flüchtlinge, die jetzt etwa nach Damaskus zurückkehren, mögen zwar vor Kampfhandlungen sicher sein. Sie laufen aber Gefahr, wegen ihrer Flucht ins Ausland vom Regime als wenig zuverlässig eingestuft zu werden. Und haben deshalb gute Chancen, in einem Folterkeller der Geheimpolizei zu verschwinden und ihn nicht mehr lebend zu verlassen. Das Regime des Assad-Clans zählt seit Jahrzehnten zu den brutalsten und rigidesten Systemen in der arabischen Welt. Zahlreiche Menschen wurden schon vor dem Krieg Opfer der Gewaltherrschaft.

Al-Qaida und Luftangriffe des Regimes

Flüchtlinge, die Angst vor Assad haben, hätten theoretisch auch die Möglichkeit, in das von der Opposition beherrschte Gebiet zurückzukehren. Doch auch diese Alternative ist nicht gerade rosig. Denn in diesen Territorien rund um Idlib geben Gruppen den Ton an, die zum Teil al-Qaida und anderen jihadistischen Organisationen nahestehen. Dazu kommen immer wieder Luftangriffe durch das Regime und Russland.

Bleibt noch das Gebiet der autonomen Selbstverwaltung in Nordsyrien, die von kurdischen Kräften und deren Alliierten eingerichtet wurde. Das wird regelmäßig von den türkischen Streitkräften bombardiert. Dabei wurden zuletzt auch Heiz- und Elektrizitätswerke und andere Infrastruktur zerstört. Viele Menschen wollen deshalb nichts als weg von dort. Politiker der Selbstverwaltung warnen bereits vor einer neuen Fluchtwelle. Die Selbstverwaltung wird von Österreich aber ohnehin nicht anerkannt. Und sie hätte beim Thema Rückführung zudem noch selber einen Wunsch offen: Dass nämlich Österreich endlich seine eigenen Staatsbürger zurücknimmt – etwa Frauen, die beim Islamischen Staat (IS) waren und nun seit Jahren in Nordsyrien inhaftiert sind.

Wahlkampf in Österreich

Bleiben nur Gespräche mit dem Regime übrig, mit dem Österreich ja auch diplomatische Verbindungen pflegt. Ein Parteifreund Karners, der damalige Außenminister Michael Spindelegger, forderte einst, dass sich Assad vor dem internationalen Strafgerichtshof verantworten müsse. Und jetzt will man mit Syriens Staatschef – dem Verbündeten Russlands und des iranischen Regimes – kooperieren, um Menschen in seinen Machtbereich zurückzuschicken?

Personen in einen Staat abzuschieben, in dem ihnen Misshandlung oder gar der Tod droht, ist derzeit rechtlich ohnehin nicht möglich, sogar wenn die Betroffenen im Aufnahmeland straffällig geworden sind. Damit sind auch die Abschiebepläne in Richtung Syrien nicht wirklich umsetzbar. Aber derzeit ist Wahlkampf in Österreich.

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