Kriminalität

Bis zu 60.000 Euro: Künftig mehr Geld nach Freisprüchen

APA/Hans Klaus Techt
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Ein neuer Gesetzesentwurf sieht einen deutlich höheren Kostenersatz bei Freisprüchen vor, außerdem erstmals einen Ersatz für eingestellte Verfahren. Notwendig sei die Erhöhung wegen der hohen Kosten für Verteidiger geworden.

Der Kostenersatz bei Freisprüchen in Strafverfahren wird deutlich erhöht. Im Extremfall können bis zu 60.000 Euro für Anwaltskosten beigesteuert werden, sieht ein Gesetzesentwurf vor, den Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Mittwoch nach dem Ministerrat präsentierten. Zudem wird erstmals ein Ersatz für eingestellte Strafverfahren eingeführt.

70 Millionen mehr für Kostenersatz

Schon länger bekannt war, dass das Finanzministerium für heuer insgesamt 70 Millionen Euro zusätzlich für den Kostenersatz zur Verfügung stellt. Das entspricht einer Verdreißigfachung der Mittel. Lange in der Koalition umstritten war aber, wie man die zusätzlichen Gelder am besten verteilt.

Nunmehr wird gestaffelt: Bei Freisprüchen vor Bezirksgerichten wird der Ersatz von 1.000 auf bis zu 5.000 Euro gleich verfünffacht. In komplexen Fällen kann der Beitrag noch einmal um 50 Prozent erhöht werden, in sehr komplexen Fällen sogar um 100 Prozent. Bei Freisprüchen an Landesgerichten durch Einzelrichter kann es bis zu 13.000 Euro geben, bisher waren es höchstens 3.000. Auch hier ist bei komplexen Fällen eine Überschreitung um 50 bzw. 100 Prozent möglich.

Nach aufwendigen Verfahren: grundsätzlich 30.000 Euro

Den höchsten Kostenersatz gibt es bei aufwendigen Verfahren, die von Schöffen- oder Geschworenengerichten entschieden werden. Hier sind einmal grundsätzlich bis zu 30.000 Euro vorgesehen. Bei komplexen Verfahren kann dieser Wert um die Hälfte überschritten werden, also 45.000 Euro erreichen. Bei besonders komplexen Verfahren sollen bis zu 60.000 Euro der Verteidigerkosten bezuschusst werden. 6.000 Euro gibt es bei Einstellung im Ermittlungsverfahren.

Die Komplexität soll sich anhand der Dauer und des Umfangs richten. Ausgegangen wird von einem so genannten Standardverfahren, das in den Erläuterungen zum Gesetz ausgeschildert ist. Über die Höhe des Ersatzes entscheidet Richterin oder Richter.

Grund: Kosten für Verteidiger

Justizministerin Zadic sprach nach der Regierungssitzung von einem „entscheidenden Schritt für Rechtsstaat und Justiz“. Angesichts der hohen Kosten für Verteidiger habe man handeln müssen. Hunderttausende Euro wie etwa dereinst für Tierschützer seien eine Hypothek für die Betroffenen.

Bisher sei der Kostenersatz „lächerlich“ gewesen, meinte Edtstadler. Die Betroffenen seien fast zur Gänze auf ihren Ausgaben sitzen geblieben. Es gehe nicht darum, die Honorare von Staranwälten zu bezahlen, sondern eine adäquate Vertretung sicher zu stellen. Die nunmehr beschlossene Regelung gilt rückwirkend mit Jahresbeginn.

Nach wie vor ein „Kostenbeitrag, kein Kostenersatz“

Der Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags (ÖRAK), Armenak Utudjian, sprach von einem „großen Schritt in die richtige Richtung und zu mehr Rechtsstaatlichkeit“. Im Rahmen des zur Verfügung stehenden Budgets habe man damit eine sachgerechte Lösung getroffen. „Allerdings ist es nach wie vor nur ein Kostenbeitrag, nicht ein Kostenersatz.“ Man müsse nun auch beobachten, ob die zur Verfügung stehenden Budgetkosten auch tatsächlich ausgeschöpft werden - sei das nicht der Fall, müsse man sich das Thema noch einmal ansehen und eventuell nachbessern.

Aufgrund der Rückwirkung der Regelung bis zum Jahresanfang erwartet der Präsident der Richtervereinigung, Gernot Kanduth, einen „ziemlichen Mehraufwand“ für die Richterinnen und Richter. Wenn das Gesetz in den kommenden Monaten in Kraft trete, würden im Anschluss vermutlich auf einen Schlag zahlreiche rückwirkende Anträge auf Kostenersatz bei Gericht einlangen. Zusätzlich zu den ohnehin schon unbesetzten Planstellen werde dies ein „weiteres Loch aufmachen“, so Kanduth zur APA. „Am Anfang wird das eine Herausforderung sein.“ Dadurch würden Verfahren vermutlich verlängert. Gleichzeitig appellierte Kanduth, bei nächster Möglichkeit die nötigen Planstellen zu besetzen. (APA)

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