Gastkommentar

Beschneiungsteiche als Stromspeicher?

Die Kleinwasserkraft ist das Rückgrat der Energieversorgung; sie deckt zehn Prozent des nationalen Strombedarfs.

In Österreich gibt es heute kaum mehr ein Skigebiet ohne Schneekanonen. Sie sind fixer Bestandteil des Landschaftsbilds, genauso wie die Speicherteiche, die das Wasser für die Kunstschneeproduktion liefern. Pro Saison werden in Österreich für Kunstschnee-Erzeugung rund 290 Gigawattstunden Strom verbraucht, das entspricht dem Verbrauch von 180.000 Zweipersonenhaushalten.

Doch die Energiebilanz könnte weniger katastrophal ausfallen. Bis zu sieben Gigawatt Leistung könnten im Sommer Österreichs ungenützte Kunstschneespeicherteiche mittelfristig zur Verfügung stellen. 302 der 504 Speicherteiche sind Schätzungen zufolge zur Stromerzeugung geeignet. Wesentliche Infrastruktur für die Stromerzeugung ist bei Speicherteichen jedenfalls bereits vorhanden. Der Umbau wäre daher schnell und kostengünstig möglich.

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In Zeiten der Klimakrise brauchen wir jede Kilowattstunde emissionsfreien, grünen Stroms, damit die Krise nicht zur Katastrophe wird. Flaschenhals ist aktuell oft das Netz, und so werden vielerorts PV-Anlagen abgeregelt oder gleich nicht ans Netz gelassen. Es braucht also Netzausbau, aber auch neue Lösungen, wie die Nutzung von Speicherteichen als dezentrale Stromspeicher.

Das Potenzial ist das

Das Potenzial für den Ausbau der Kleinwasserkraft ist da. Doch: Der Ausbau geht zurück, obwohl es mehr als genug ökologisch verträgliche Projekte gibt.

Die Beantragung von Neubauförderungen von Kleinwasserkraftwerken ist 2023 im Vergleich zum Vorjahr um über 40 Prozent eingebrochen. Die Gründe dafür sind hausgemacht. Die Verfahrensdauer für neue Projekte ist unberechenbar, die wirtschaftliche Planbarkeit entbehrt der Logik der unternehmerischen und kaufmännischen Sorgfaltspflicht. Eine automatische Anpassung der Förderungen an steigende Baukosten ist unerlässlich, um endlich eine stabile Rahmenbedingung für Investitionen zu gewährleisten. Die Politik ist gefordert, Lösungen zu liefern, wie die seit Langem ausstehenden Verordnungen.

Die Kleinwasserkraft ist das Rückgrat der dezentralen Energieversorgung in Österreich und deckt zehn Prozent unseres nationalen Strombedarfs. Über 10.000 Menschen sind in dieser Branche beschäftigt. Jeder Euro Investitionen in Kleinwasserkraft in Österreich bringt eine Wertschöpfung von 3,47 Euro mit sich. Die Kleinwasserkraft spart 550 Millionen Systemkosten im Stromnetz, auch da der Strom dort erzeugt wird, wo er auch gebraucht wird, und damit kaum Leitungsverluste entstehen.

Österreichs Politik zögert

Die Nutzung der Speicherteiche als Stromspeicher ist mehr als eine technische Möglichkeit. Sie ist ein Symbol für den Wandel, den wir brauchen. Die EU hat Spielräume eröffnet, die wir nutzen müssen, um unsere Energieinfrastruktur zu modernisieren und die Energiewende voranzutreiben.

Es ist Österreichs Politik, die zögert. Denn: Auf europäischer Ebene haben sich in den vergangenen Monaten die gesetzlichen Rahmenbedingungen deutlich verändert. Mit der neuen Erneuerbaren-Richtlinie (RED III) und der Verlängerung der EU-Notfallverordnung wurde Österreich ein enorm großer Spielraum eröffnet, um die Rahmenbedingungen für den Kleinwasserkraftausbau deutlich zu verbessern.

Österreich muss seine Verantwortung ernst nehmen, innovative Lösungen wie die Nutzung unserer Speicherteiche für die Stromerzeugung vorantreiben und die Kleinwasserkraft als Schlüsselkomponente unserer Energiezukunft stärken. Es kommt auf jedes Kilowatt an.

Paul Ablinger, Geschäftsführer von Kleinwasserkraft Österreich.


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