Grünes EU-Wahlprogramm

Drei Herzen und ein Klimawandel, der sich „nichts um nationale Grenzen scheißt“

Die grüne Spitzenkandidatin Lena Schilling will, dass auch in anderen Ländern mit 16 gewählt werden kann.
Die grüne Spitzenkandidatin Lena Schilling will, dass auch in anderen Ländern mit 16 gewählt werden kann.APA / Robert Jaeger
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Die Grünen stellten vor, mit welchen Vorschlägen sie in den Wahlkampf gehen. Sie wollen etwa einen „Europa-Tarif“ für Zugfahrten.

Lena Schilling, die 23-jährige Spitzenkandidatin der Grünen für die EU-Wahl, ist ja nicht unbedingt für ihre zurückhaltende Wortwahl bekannt. So überrascht es auch nicht, dass sie am Donnerstag das Hauptthema des grünen Wahlprogramms so zusammenfasst: „Surprise: Der Klimawandel scheißt sich nichts um nationale Grenzen“. Er sei eine der großen Herausforderung, denen sich die Europäische Union nur gemeinsam erfolgreich stellen könne. Daneben nannte sie die Politik Putins, die mögliche Wiederwahl Trumps und die negativen Potenziale der Künstlichen Intelligenz.

Das Programm trägt den Titel „Weil uns die Zukunft Europas am Herzen liegt“ und ist in drei Kapitel unterteilt. Zunächst ist das (wiederum: „Surprise“) das Kapitel „Klima braucht Herz“. Immerhin sei Europa der Kontinent, der sich am schnellsten erhitzt. Die EU habe ja schon erkannt, dass durch fehlenden Klima- und Umweltschutz etwa die Ernährungssicherheit gefährdet werde und habe aus diesem Grund ein entsprechendes Naturschutzgesetz auf den Weg gebracht. Dieses werde allerdings von der Europäischen Volkspartei (EVP) – zu ihr gehört auch die ÖVP, mit der die Grünen in Österreich regieren – „mit einer nie dagewesenen Lügenkampagne blockiert“, hielt Schilling fest.

Außerdem treten die Grünen bei Zugfahrten für einen „Europa-Tarif“ ein. So lange Züge teurer seien als Flüge, könne man über die berühmte Wahlfreiheit nämlich nicht sprechen, hielt die Spitzenkandidatin fest. Geht es nach der Öko-Partei, sollen Zugstrecken zwischen zwei europäischen Hauptstädten Reisende maximal zehn Cent pro Kilometer kosten. Bei einer Fahrt von Wien nach Berlin wären das also maximal 68 Euro. Den Rest der Kosten soll die EU tragen.

Auch den Ausbau der Windkraft haben sich Schilling und ihre Mitstreiter ins Programm geschrieben. „Net jeder mag ein Windradl sehen, aber Europa ist groß genug, dass wir so bis 2030 ganze 500 Gigawatt Strom erzeugen können“, sagte Parteichef Werner Kogler. Damit könnten 345 Millionen Haushalte versorgt werden.

Kampf gegen Korruption

Weiter geht es im Programm mit dem Kapitel „Herz statt Hetze“. Dabei gehe es um nicht weniger als die Verteidigung der liberalen Demokratie in Europa, sagte Kogler. Es brauche so etwas wie eine „neue Aufklärung, eine neue Ehrlichkeit“, um sich gegen Falschinformationen, wie sie etwa von Putins Regime verbreitet würden, zu schützen. Für Korruption in der EU dürfe es „null Toleranz“ geben, auch unterstützen die Grünen die Ausweitung der Strafbarkeit der Bestechung und Bestechlichkeit von Abgeordneten. Mitgliedstaaten sollen keine Fördermittel mehr erhalten, „solange sie sich nicht an die Regeln der Rechtsstaatlichkeit halten“.

Im Kapitel „Fortschritt im Herzen“ geht es letztlich darum, Ökologie und Ökonomie in Einklang zu bringen. Die Rückbesinnung darauf sei entscheidend dafür gewesen, dass die Grünen 2018 das Comeback geschafft haben, sagte Kogler. Ohne den Koalitionspartner in Österreich, die ÖVP, und die FPÖ konkret zu nennen, verwies der Bundessprecher auch darauf, dass es Tendenzen wie „Frauen zurück an den Herd“ ja überall in Europa gebe, nicht nur in Salzburg oder Niederösterreich. „Das EU-Parlament ist ein wichtiges Parlament, auch wenn die Retro-Garden glauben, man macht alles im niederösterreichischen Landtag“, sagte er, „na, gratuliere, St. Pölten.“

Bei der Kurz-Zusammenfassung des Programms nicht erwähnt wurde von Kogler und Schilling das Thema Asyl und Migration. Auf Nachfrage verwies Schilling auf die Langversion, in der man „natürlich“ darauf eingehe. Sie trete für eine „gelassene Tiefe“ in der Diskussion darüber ein. Es brauche mehr Menschlichkeit aber auch schnellere Verfahren und einen gerechten Verteilungsschlüssel. Dass Österreich mehr Verantwortung übernehme als Ungarn oder die Slowakei, sei nicht gut.

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