Interieur

Sakrale Deko mit einem Extra an Seele

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In ehemaligen Klöstern, privaten Räumen und neuen Hotels schaffen spirituelle Elemente kontemplative Atmosphäre.

Nur wenige Gäste des Hotel ­Indigo in Venedig wissen, dass sie in einem ehemaligen Kloster übernachten. Dabei ist hier im Stadtteil Sant’Elena noch vieles intakt und authentisch: Der schwarz-weiße Marmorfußboden in der Lobby, der majestätische Stiegenaufgang und auch die Arkaden im (Kloster-)Garten sind Relikte aus der spirituellen Vergangenheit. In ebendiesem ehemaligen Klostergarten, wo heute Liegestühle zum Entspannen einladen, gedeihen immer noch alte Olivenbäume, durch das Holzportal am Eingang schritten früher keine Touristen, sondern Ordensschwestern.

Ruhiges Refugium auf der Insel

Dass die Atmosphäre im Hotel Indigo ruhiger und gelassener ist als auf dem Rest der Insel, liegt also vielleicht nicht nur am Standort abseits des Touristenrummels. Sondern auch am Garten, einer Rarität in dieser Lage, versteckt im Innenhof, gebaut im Inneren des Kreuzgangs. Und selbst wenn die Bögen heute nicht mehr vorhanden sind, hat sich das grüne Fleckchen seine intime Atmosphäre und kontemplative Stimmung bewahrt.

Der ehemalige Klostergarten im Hotel Indigo. Stilleben aus dem Buch „Intérieurs sacrés“.
Der ehemalige Klostergarten im Hotel Indigo. Stilleben aus dem Buch „Intérieurs sacrés“.Veerle Evens, Laurence du Tilly

Es ist ein Trend zum Sakralen zu beobachten, in Hotels, im Privaten. Ausgestattet und eingerichtet mit Gegenständen, die mit Erinnerungen oder religiösen Bezügen versehen sind, werden Räume, ob säkularisiert oder schon immer profan, zu einem Refugium, zur Oase des Friedens, zum Ort der Ruhe und der Kontemplation. Die französische Designerin Laurence du Tilly etwa hat diesem neuen Stil ihr neuestes Buch gewidmet („Intérieurs sacrés“, Editions EPA). Die hier vorgestellten Innenräume, eingerichtet in ehemaligen Kirchen in Italien, Südafrika, Frankreich oder Belgien, spielen mit dem Kontrast von sakraler Kunst und Design, zeigen wunderschöne Interieurs – mit einem Extra an Seele.

Licht und Schatten, Trockenblumen, Heiligenbilder und -figuren, Rosenkränze oder Weihwasserbehälter als skulpturale Elemente: Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Oder wie schon Design-Ikone Eileen Grey sagte: „Ein Haus ist keine Wohnmaschine. Es ist das Schneckenhaus eines Menschen, seine räumliche Ausdehnung, seine Ausweitung und seine geistige Ausstrahlung.“

Harmonie mit Kreuzen und Kerzen

Spirituelle Dekoration schafft eine harmonische Atmosphäre, die unsere Sinne anspricht und eine Verbindung zum Inneren herstellt. Durch den Einsatz sanfter Farben, von inspirierenden Symbolen und beruhigendem Licht können solche Elemente einen Raum in einen Ort der Ruhe und Reflexion verwandeln – wohltuend und wichtig gerade in turbulenten Zeiten wie diesen. Mandalas, Buddha-Statuen oder Zen-Gärten sind ebenso Beispiele für Elemente, die eine weitere, eine tiefere Dimension in die Raumgestaltung bringen können. Kreuze aus Holz oder aus Muscheln, Kerzen mit Weihrauchduft oder lang und zart geformt sorgen für meditative Stimmung.

Auch das Hotel Pilgrim am linken Pariser Seine-Ufer, das vor ein paar Monaten seine Pforten geöffnet hat, ist ein Beispiel für den Trend zu sakral inspirierten Interieurs. Dass es so kontemplativ und harmonisch wirkt, ist kein Wunder, nahm man bei der Gestaltung doch Anleihen beim altehrwürdigen Nachbarn gegenüber: dem Zisterzienserkloster Collège des Bernardins, gegründet 1245. Dort lebten über Jahrhunderte Mönche nach den Lehren ihres Gründers, des heiligen Benedikt von Clairvaux. Im 70 Meter langen Kirchenschiff des Klosters finden heute Kurse und Ausstellungen statt, gibt es eine Buchhandlung und ein Café.

Pilgrim: schlicht designt.
Pilgrim: schlicht designt.Christophe Bielsa

Und in all dem spürt man Schlichtheit, Reduktion, Verzicht, spirituelle Konzentration – Werte des Ordens, immer auch schon, was die Architektur betrifft. In das benachbarte Boutiquehotel samt Pool, Hammam, Bar und Kaminfeuer pilgern nun internationale Gäste, aber genauso Pariser Szenevolk. Das Interieur ist schlicht gehalten, reduziert, auch in den Zimmern. Abgerundet wurde die Einrichtung mit ruhigen, schnörkellosen Vintage-Möbeln, von einigen Balkonen aus fällt der Blick auf das Kloster.

Übrigens: Wer eine besondere spirituelle Atmosphäre ganz in Wiens Nähe spüren möchte, ist in der Minoritenkirche in Krems gut aufgehoben. Schon im 18. Jahrhundert wurde der Bau aus dem Mittelalter säkularisiert, diente unter anderem als Tabakmagazin und Feuerwehrdepot. Seit 2002 bietet er als Klang­raum Krems der Kunst eine Bühne, noch bis 28. April kann man dort im Rahmen des Donaufestivals Konzerte oder zum Beispiel eine Installation besuchen, zum Thema Glocken, wie passend.

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