Die Künstlerin Esther Stocker auf einem Prototyp des „Knitter­planeten“, den die Firma Kohlmaier umsetzt.
Sitzskulpturen

Esther Stocker zerknittert Planeten und andere Geometrien

Die Künstlerin Esther Stocker erforscht formale Galaxien und schickt auch manche Sitzskulptur in die Umlaufbahn. Wie auch zuletzt auf die Mailänder Designwoche

Es ist dann doch nur alles Anziehungskraft. Jeder hängt von jedem ab. Und alles von allem. Der Mensch bezieht sich auf Menschen. Die Dinge auf die Dinge. Und „wie sich der Mensch in Bezug auf die Formen verhält“, das ist es, was die Südtiroler Künstlerin Esther Stocker besonders interessiert. Auf die gewohnten strukturellen Verhältnisse des Universums möchte sie dann doch an der einen oder anderen Stelle mit kreativen Kräften einwirken. Und dabei so manches geometrische Konzept, so manches Raster, so manche formale Erwartung aus der Bahn werfen. In einem der Stiegenhäuser des Parlaments in Wien etwa hat Stocker auch so eine „Galaxie“ aufgetragen – an der Wand. Über den flachen Weißraum „kommunizieren“, wie sie sagt, die schwarzen Quadrate miteinander, verdichten und häufen sich an manchen Stellen. Ein Spiel der Gravitation, über das sich ein Spannungsverhältnis aufspannt, zwischen Einfachheit und Komplexität.

Sprache der Form

Zwischen all den abstrakten Formen und Geometrien, die Stocker am liebsten schwarz-weiß auf Flächen und in Räume wirft und die sich inzwischen auch gern zu räumlichen Skulpturen falten, bleibt Stockers Blick anthropozentrisch: Das „Existenzielle“ interessiere sie vor allem, sagt Stocker, „und das kann man in abstrakten Formen viel einfacher ausloten“. Obwohl sie ganz konkret begonnen hat: mit dem Porträtmalen, auch als sie vor vielen Jahren nach Wien kam, um an der Akademie der bildenden Künste zu studieren.

Die Existenz des Menschen, sie sei nun einmal nie ganz isoliert. „Wir verstehen uns doch immer nur durch andere und in Beziehung zu anderen“, sagt Stocker. Und jeder ist Teil eines größeren Ganzen. „Ein Teil von uns verknüpft sich immer, ein Teil von uns steht immer für sich allein.“ Formen, Raster, Geometrien sind Stockers gleichsam „erkenntnistheoretisches“ Werkzeug in der Erkundung dieser entscheidenden Frage: „Wer sind wir?“ Mit Bildern fing es an, später auch mit solchen an Hausfassaden, appliziert an Architektur, gleichsam als „Kunst am Bau“, wie es Immobilienentwickler auch gern verkaufen, wenn sie etwa Parkhäuser in die Stadt ­stellen. Aber auch räumlich spannt Stocker ihre Fragestellungen längst auf, entlang von Linien, die sie gern bricht, in Rauminstallationen etwa, wie in jener, ihrer ersten, die derzeit – fast 20 Jahre später – im Museum Maxxi in Rom zu sehen ist.

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