Bauen

Grüner Kunststoff soll Stecker & Co. formen

Klein, aber insgesamt fällt auch ins Gewicht, woraus sie erzeugt sind: Elektro-Bauteile.
Klein, aber insgesamt fällt auch ins Gewicht, woraus sie erzeugt sind: Elektro-Bauteile.IMAGO
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Schalter, Steckdosen oder Lüftungsrohre sind heute meist aus erdölbasierten Kunststoffen. Ein Projekt an der FH Salzburg untersucht, ob sich auch biobasierte Materialien für diese Komponenten eignen.

Geht es um den ökologischen Fußabdruck beim Bauen, dann liegt das Hauptaugenmerk meist auf Materialien für Wände, Böden, Dach und Dämmung. An die technische Gebäudeausstattung – also Installationen, Leitungen, Elektroverrohrungen, Schalter, Steckdosen oder Lüftungsschächte und Diffuser – wird dabei bisher kaum gedacht. Dabei machen diese vermeintlich kleinen Teile gar nicht so wenig des Gesamtbauvolumens aus – und sind bisher meist ausschließlich aus erdölbasierten Kunststoffen produziert.

Grund genug für ein Team der FH Salzburg, sich genauer anzusehen, ob sich diese herkömmlichen Materialien durch biobasierte Kunststoffe ersetzen lassen. „In einem ersten Schritt haben wir untersucht, wie stark Bereiche wie Elektrotechnik, Installationen oder Lüftungstechnik zum ökologischen Fußabdruck beitragen“, sagt Stefan Kain, Forscher am Department Green Engineering und Circular Design der FH Salzburg.

Besserer ökologischer Fußabdruck

Das Sondierungsprojekt „BiBi-TGA“ (Potenzial der ökologischen Optimierung technischer Gebäudeausrüstung durch den Einsatz biogener Materialien) hat ergeben, dass die technische Gebäudeausstattung – Gewerke wie Elektrotechnik und Installationen – zwar nur knapp ein Prozent Massenanteil an der gesamten Baukonstruktion hat, aber immerhin zwölf Prozent zum sogenannten Global-Warming-Potenzial eines Gebäudes beiträgt. Die Gebäudetechnik besteht zu 77 Prozent aus Metallen, etwa 15 Prozent sind (erdölbasierte) Kunststoffe. Der Rest der Materialien sind Kalziumsilikat, Mineralwolle oder Keramik.

»Gemeinsames Ziel ist, dass die alternativen Materialien für die einzelnen Teile einen besseren ökologischen Fußabdruck und die gleichen oder sogar bessere Materialeigenschaften haben als konventionelle Kunststoffe.«

Stefan Kain,

FH Salzburg

Mit diesem Wissen wurde das Projekt „CircularBioMat“ (Kreislauffähige biogene Materialien für Gebäudeausstattung und Versorgungstechnik) konzipiert. Ein Team aus Forschung und Praxis untersucht, welche Materialien und Verfahrenstechniken geeignet sind, die technische Gebäudeausstattung von erdölbasierten Polymeren auf biobasierte Kunststoffe umzustellen. „Gemeinsames Ziel ist, dass die alternativen Materialien für die einzelnen Teile einen besseren ökologischen Fußabdruck und die gleichen oder sogar bessere Materialeigenschaften haben als konventionelle Kunststoffe“, betont Kain. Mit an Bord sind neben der FH Salzburg auch die Montanuniversität Leoben sowie Unternehmen wie Miraplast Kunststoffverarbeitung, Schnabl Stecktechnik, Agru-Kunststofftechnik sowie Tecnaro. Bei den Verfahrenstechniken kann CircularBioMat durch die Praxispartner auf Spritzguss, Strangextrusion sowie 3-D-Druck zurückgreifen.

Kartoffeln, Mais und Zuckerrüben

Ebenso wichtig wie die Verfahrenstechniken sind die verwendeten Materialien. Biobasierte Kunststoffe haben nachwachsende Rohstoffe als Basis. „Das können beispielsweise Kartoffelstärke, Mais oder Zuckerrüben sein“, erläutert Kain. In der ersten Phase des Projekts werden Bio-Polyethylene erprobt. „Bei diesen Bio-Kunststoffen kennt man die Performance des Materials gut. Wir konzentrieren uns darauf, dass Prototypen die nötigen technischen Zielvorgaben erreichen“, erklärt der Wissenschaftler. Später wird das Projekt um andere Bio-Kunststoffe erweitert. Dabei könnte auch Lignin als Ausgangsmaterial eine Rolle spielen. Schließlich gibt es an der FH Salzburg eine Forschungsgruppe, die sich seit geraumer Zeit mit dem Einsatz des aus dem Baum stammenden Stoffes im Bau- oder Dämmbereich beschäftigt.

Teile müssen Feuchtigkeit trotzen

In der dritten Phase werden Bio-Kunststoffe, die mit Naturfasern wie etwa Zellulose verstärkt wurden, untersucht. Das würde für höhere Stabilität oder längere Lebensdauer sorgen. Egal, welcher Bio-Kunststoff verwendet wird, eines gilt immer: „Wir sehen uns sehr genau den Energieverbrauch bei der Herstellung und der Verarbeitung an“, sagt Kain. Außerdem wird darauf geachtet, dass die Stecker, Rohre oder Diffuser als alternative Materialien recycelbar und damit für die Kreislaufwirtschaft geeignet sind. Die Materialeigenschaften – etwa die Feuchtigkeitsbeständigkeit oder die Festigkeit – dürfen nicht schlechter sein als jene der herkömmlichen Teile.

Geht alles nach Plan, dann können die in dem Projekt entwickelten Schalter, Stecker und Rohre irgendwann in Serie gehen. Spätestens dann sollte auch preislich kein nennenswerter Unterschied zu bisher eingesetzten Komponenten der technischen Gebäudeausstattung mehr bestehen.

Lexikon

Biobasierte Kunststoffe – auch Bioplastik genannt – werden auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen hergestellt. Ausgangsmaterialien sind v. a. Stärke, Zellulose und Zucker von Mais, Hölzern oder Zuckerrüben.

Neben Polyhydroxyalkanoate (PHA) bzw. Polyhydroxybuttersäure (PHB) sind vor allem Polymilchsäure (PLA) biobasierte Kunststoffe.

Konventionelle Kunststoffe wie Polyethylen, Polypropylen oder PVC haben Erdöl als Ausgangsstoff.

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