Economist-Briefing

Bloß nicht verwechseln!

Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher zieht es Richtung Notenbank
Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher zieht es Richtung NotenbankAPA / APA / Helmut Fohringer
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Martin Kocher bewirbt sich als Nationalbank-Chef. Hier eine kleine Nachhilfe in Sachen Legitimität.

Einen wunderschönen guten Morgen!

Heute geht es um Legitimität. Das ist sozusagen ein kostenloser Service meinerseits, denn in Österreich wird Legitimität gern mit Legalität verwechselt. Die allgemein beliebte Frage „Ja, dürfen s’ denn das?“ wird dann freudig (von den Verantwortlichen) mit „Ja!“ beantwortet. Die Antwort sollte aber in vielen Fällen lauten: „Dürfen – ja. Aber man sollte nicht.“

Es können Vorgangsweisen also durchaus rechtens sein – die Frage, ob sie vertretbar sind bzw. ethischen Prinzipien entsprechen, die wird gut und gerne unter den Tisch gekehrt.

Und damit bin ich bei Martin Kocher. Wiewohl sich da in mir etwas sträubt: Ich schätze ihn nämlich durchaus. Ich kenne ihn noch aus der Zeit, als er Chef des Instituts für Höhere Studien war. Schon damals gab es Begegnungen in der ORF-„Pressestunde“, als er Arbeits- und dann auch noch Wirtschaftsminister wurde, erst recht. Er hat stets klug argumentiert, und als Mitglied der Regierung ist er überhaupt eine Wohltat. Seitens der Politik muss man sich ja leider viel wirtschaftspolitischen Unsinn anhören, und irgendwie fand ich es stets einigermaßen beruhigend, dass ein Wirtschaftskundiger in der Regierung sitzt. Wiewohl Politik leider nicht so funktioniert, dass auf Stimmen der Vernunft gehört wird. Da geht es vor allem um Macht, die Martin Kocher parteipolitisch nie hatte. Und so versandeten gute Ideen, wie sein Leuchtturmprojekt, die Arbeitslosengeld-Reform.

Verändert die Politik Menschen? Gut möglich, man weiß es nicht genau. Tatsache ist, dass der überaus integre, überaus sachliche, überaus bedachtsame Martin Kocher nun öffentlich kundgetan hat, dass er sich für den Job des Nationalbank-Gouverneurs beworben hat. Auch das ist typisch für Kocher: Er ist offen, er steht für Transparenz.

Er will offenbar, darüber ist immer wieder gemunkelt worden, die Politik verlassen. Und legal, also rechtens, ist seine Bewerbung alleweil. Aber ist sie auch legitim? Ich habe da so meine Zweifel. Die Bewerbungsfrist für den Notenbank-Job ist am 29. April abgelaufen. Demnächst wird der Generalrat der Nationalbank einen Vorschlag für KandidatInnen an die Regierung übermitteln, es darf davon ausgegangen werden, dass Martin Kocher auf der Liste sein wird, fachlich spricht ja absolut nichts gegen ihn. Und dann nominiert der Ministerrat die Mitglieder des Direktoriums, die schlussendlich vom Bundespräsidenten ernannt werden.

Im Ministerrat ist selbstverständlich Martin Kocher vertreten, er wird sich bei der entscheidenden Sitzung wohl entschuldigen lassen. Alles rechtens, aber auch legitim? Die Optik ist verheerend, zumal die Neubesetzung der Notenbank-Spitze erst in einem Jahr notwendig gewesen wäre, von der schwarz-grünen Regierung aber aufgrund der herbstlichen Nationalratswahl vorgezogen wurde.

Es ist sehr gut möglich, dass Martin Kocher den Job bekommen wird. Es wäre die Krönung seiner Karriere, und fachlich gibt es keine Einwände. Schade, dass der schale Nachgeschmack bleibt. Martin Kocher hätte das nicht notwendig gehabt.

Damit ist meinerseits alles gesagt, und daher geht es in meiner dieswöchigen „Kordikonomy“ auch gar nicht um Notenbank-Personalia. Aber es geht um Fragen der Legalität. Um eine Anfang März geplante Betriebsversammlung des AUA-Bordpersonals. Damals führte die Ankündigung dazu, dass die AUA für den Zeitraum 150 Flüge absagen musste, die Betriebsversammlung fand aber dann doch nicht statt. Jetzt kommt es deswegen zum Rechtsstreit. Es geht dabei um mutmaßlich torpediertes Versammlungsrecht.

Aber Sie sollen natürlich die Story lesen, mehr will ich an dieser Stelle also nicht verraten. Das ist, denke ich, durchaus legitim.

Schönes Wochenende!

Hanna Kordik
hanna.kordik@diepresse.com

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