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Bitcoin & Blockchain

Ist Bitcoin nicht doch ein Ponzi-System?

Jamie Dimon, Chef der US-Großbank JP Morgan, hat Bitcoin zum wiederholten Mal als „Ponzi-Schema“ bezeichnet. Doch ist dieser Vorwurf gerechtfertigt?

Charles Ponzi hatte schon eine jahrelange Karriere als Trickbetrüger hinter sich und verfügte über ein eindrucksvolles Vorstrafenregister, als ihm Anfang der 1920er-Jahre wieder eine Idee kam. Er stellte fest, dass internationale Antwortscheine (solche legt man einem Auslandsbrief bei, um dem Empfänger zu ermöglichen, portofrei zu antworten) in Europa um ein Vielfaches billiger waren als in den USA. Warum also nicht Handel damit treiben? Und warum dieses Geschäft nicht auch anderen Leuten anbieten?

Ponzi gründete eine Firma in Boston, über die er diese Geldanlagemöglichkeit anbot. Er versprach seinen Kunden, ihren Einsatz in nur drei Monaten zu verdoppeln. Viele Menschen gaben ihm all ihre Ersparnisse. Bald schon musste Ponzi feststellen, dass er so viele Antwortscheine gar nicht auftreiben konnte. Das Geschäft, das ihm so vielversprechend erschienen war, funktionierte im großen Stil nicht.

Diese Erkenntnis hinderte ihn nicht daran, Millionen an Dollar von Kunden einzusammeln. Wenn jemand sein Geld zurückwollte, zahlte er ihn aus. Doch die meisten wollten ihr Geld gar nicht zurück, sondern wollten ihren vermeintlichen Kontostand lieber weiter anwachsen sehen. Und so kam es, dass es Monate dauerte, bis Ponzis Betrug aufflog. Von den Geldern, die ihm anvertraut worden waren, war nur noch ein Bruchteil vorhanden.

Geht oft lang gut

Seitdem heißen Betrugsmaschen, bei denen jemand hohe Renditen verspricht, die er aber nur erzielen kann, wenn er stets neue Kundengelder anwirbt, Ponzi-Schema. Ein berühmter Ponzi-Betrüger war Bernard Madoff, ein vermeintliches Investorengenie, das seinen reichen Kunden jahrzehntelang Renditen in Höhe von zehn Prozent pro Jahr versprochen hatte und darauf baute, dass sich diese ihre Gelder ohnedies nur selten ausbezahlen ließen. Nach dem Ausbruch der Finanzkrise wollten sie das dann doch. Madoffs System kollabierte. Der Schaden ging in die hohe zweistellige Milliardenhöhe, Madoff wurde zu 150 Jahren Haft verurteilt und starb 2021.

Ponzi-Systeme werden oft auch als Pyramiden- oder Schneeballsysteme bezeichnet, doch gibt es einen Unterschied: Bei Letzteren wissen die Teilnehmer, dass ihr Geld von neuen Teilnehmern stammt, sie glauben dennoch, dass das Spiel lang gut gehen wird oder sie rechtzeitig den Ausstieg schaffen. Bei einem Ponzi-Schema wissen sie das nicht.

Nun hat Jamie Dimon, Chef der Investmentbank JP Morgan, kürzlich wieder Bitcoin in einem Bloomberg-Interview als Betrug und Ponzi-Schema bezeichnet. Er präzisierte: Bitcoin sei ein „öffentliches, dezentralisiertes Ponzi-Schema“. Krypto-Assets könnten durchaus einen Nutzen haben, etwa Smart-Contract-Plattformen, aber als Währung seien sie eben ein Ponzi-Schema. Den Vorwurf, dass Bitcoin nur funktionieren könne, solang sich stets ein noch Dümmerer findet, der einen höheren Preis dafür bezahlt, hört man häufig. Doch wenn das die Eigenschaft eines Ponzi-Schemas wäre, dann träfe das auch auf Aktien, Immobilien, Gold, Kunstwerke und jede andere Anlageklasse zu. Zwar erwirtschaften Unternehmen Gewinne, und in Immobilien kann man auch wohnen. Aber an Kunstwerken kann man sich lediglich erfreuen, und Gold findet nur zu zehn Prozent Einsatz in der ­Industrie.

Indes „stacken“ viele Menschen „Sats“, wie es im Bitcoin-Jargon heißt. Sie häufen Satoshis an, kleine Bitcoin-Einheiten, die sie nie wieder in Dollar oder Euro zurücktauschen wollen. Natürlich gibt es auch die Zocker, die Bitcoin ausschließlich dazu benutzen, um aus Euro oder Dollar mehr Euro oder Dollar zu machen, wie es sie auch bei Aktien, Gold und so ziemlich jeder Anlageklasse gibt.

Bitcoin verspricht nichts

Bitcoin macht keine Renditeversprechen. An der Spitze steht kein Kopf, der darauf angewiesen ist, dass ihm ein anderer Bitcoin abkauft. Bitcoin-Erfinder Satoshi Nakamoto hat seine Bitcoin selbst geschürft und nicht gekauft. An einem Verkauf scheint er nicht interessiert zu sein, zumindest hat er seine Bitcoin seit mehr als einem Jahrzehnt nicht bewegt.

Eines muss man Dimon zugestehen: Es gibt natürlich Betrug rund um Bitcoin. In Österreich versprach etwa das „Optioment“-System vor einigen Jahren Anlegern vier Prozent Zinsen pro Woche für Bitcoin-Einlagen. Nun wirft Bitcoin keine Zinsen ab, doch wollte man den Mehrertrag mit Handel erzielen. Bis sich herausstellte, dass die Bitcoin, mit denen das System abgesichert sein sollte, nicht (mehr) vorhanden waren. Da kann freilich Bitcoin nichts dafür.

Vor einem Ponzi-Betrug schützt man sich am besten durch das Wissen, dass es regelmäßige Renditen, die hoch und sicher zugleich sind, schlicht nicht gibt. Wer Bitcoin kauft, weiß indes meist, dass dieses zu starken Schwankungen neigt und dass der Preis auch deutlich nach unten ausschlagen kann.

Auf einen Blick

Der Bitcoin-Preis hat vor kurzem seine tiefste Korrektur seit der Pleite der Kryptobörse FTX im November 2022 erlebt. Gegenüber dem Rekordhoch ging es um 23 Prozent nach unten. Das ist nicht ungewöhnlich: In den Jahren 2016 und 2017, als sich der Preis vervierzigfacht hat, gab es sechs Korrekturen um 30 Prozent oder mehr.

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