Interview

Experte Mattioli zur Mafia in Deutschland und Österreich: „Staat, bitte, erfülle deine Aufgabe“

Dieses beliebte Eisgeschäft kontrollierte die kalabrische  ’Ndrangheta : Anti-Mafia-Razzia im deutschen Duisburg  im Dezember 2018.
Dieses beliebte Eisgeschäft kontrollierte die kalabrische  ’Ndrangheta : Anti-Mafia-Razzia im deutschen Duisburg im Dezember 2018.Christoph Reichwein/DPA/AFP via Getty Images
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Mafia-Experte Sandro Mattioli warnt, dass die italienische Mafia in Deutschland und Österreich romantisiert und unterschätzt werde: über Freundschaften zwischen Mafiosi und Politikern, janusköpfige Gastwirte, Steuerberater und den Fahrer vom FC Bayern.

Für viele Deutsche und Österreicher hat die italienische Mafia das Gesicht von Al Pacinos Paten: Brutal und zugleich gefühlvoll, archaisch-romantisch, mit Sinn für Ehre, Tradition, Familie. Mario Puzos Pate ist eine großartige Roman- und Filmfigur. Doch mit wahren Mafiosi hat er wenig gemein. Diese Kriminellen sind gewiefte, global agierende, angepasste Geschäftsleute, überall dort präsent, wo sie ungestört Geld waschen und verdienen können. Seit Jahrzehnten auch in Deutschland und Österreich.

Wie aktiv die Mafia in Deutschland ist, weiß Sandro Mattioli, Vorsitzender des Vereins Mafianeindanke. Seit vielen Jahren recherchiert und publiziert der deutsche Journalist zum Thema. Er macht sich dafür stark, dass die Mafia in Deutschland sichtbar und ernst genommen wird, damit die sie schützende Mauer des Schweigens fällt. In seinem neuen Buch, „Germafia“, gibt Mattioli der mächtigsten italienischen Mafiagruppe, Kalabriens ’Ndrangheta, in Deutschland ein Gesicht. Und beschäftigt sich auch mit Österreich.

Sie nennen in Ihrem Buch viele Namen. Haben Sie Angst vor möglichen Folgen?

Sandro Mattioli: Mir machen andere Dinge Sorgen: In Deutschland und in Österreich sind italienische Mafiaorganisationen in sehr vielen Bereichen aktiv, im Handel, der Geldwäsche, sie sind gut vernetzt. Ich sehe, dass die Verfolgung von Mafiosi nicht wirklich funktioniert. Ich fürchte, dass wir uns irgendwann in einer Situation wie in Italien wiederfinden werden, wo manche Geschäftszweige komplett von der Mafia unterwandert sind. Es ist besorgniserregend, wenn ich als Journalist, als Vorsitzender von Mafianeindanke, sagen muss: Staat, bitte, erfülle deine Aufgabe. Es ist es unangenehm, dieses Buch überhaupt schreiben zu müssen.

Werden Mafia-Ermittlungen bewusst behindert? Sie schreiben über Kontakte Günther Oettingers zu einem Mafioso, als Oettinger 2005–2010 Baden-Württembergs Ministerpräsident war.

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