CDU-Parteitag

Kohl-Enkel Volkmann: „Sollten differenzierten Blick auf 16 Jahre Angela Merkel haben“

Der CDU-Parteitag startet in Berlin am Montag.
Der CDU-Parteitag startet in Berlin am Montag.Imago / Chris Emil Janssen
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Der CDU-Jungpolitiker ortet im Rückblick Fehler vor allem im Bereich der Migrations-, Energie- oder Rentenpolitik. Volkmann will beim Parteitag der deutschen Konservativen in den CDU-Bundesvorstand gewählt werden.

Kohl-Enkel Johannes Volkmann hat sich für eine ausgewogene Bewertung der Ära der früheren CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel ausgesprochen. „Wir sollten einen differenzierten Blick auf die 16 Jahre Angela Merkel haben“, sagte der Kommunalpolitiker aus Lahnau im deutschen Bundesland Hessen der dpa in Berlin vor dem CDU-Parteitag in Berlin. Der Enkel des langjährigen CDU-Vorsitzenden und Kanzlers Helmut Kohl will an diesem Montag in den CDU-Bundesvorstand gewählt werden.

Die konservative Unionspartei habe unter Merkel Fehler gemacht, die man klar benennen solle, etwa im Bereich der Migrations-, Energie- oder Rentenpolitik, sagte der 27-jährige Volkmann. „Dafür brauchen wir neue Antworten. Die geben wir hier auf dem Parteitag.“ Gleichzeitig habe die CDU in diesen 16 Jahren Merkel aber auch viel richtig gemacht. Deutschland sei großen Krisen ausgesetzt gewesen, etwa der Eurokrise. „Da war Angela Merkel ein Stabilitätsanker der Europäischen Union, war verlässlich. Deutschland war respektiert auf der Weltbühne.“ Das habe die Ampel-Regierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) „in wenigen Monaten kaputtgemacht“.

Nach einem Studium der Volkswirtschaftslehre, Politikwissenschaften und Soziologie sowie Studienaufenthalten in China und Großbritannien arbeitet Volkmann als Büroleiter für einen hessischen Abgeordneten im Europaparlament. Er ist Vorsitzender des Kreistags des Lahn-Dill-Kreises und seit Februar 2024 Kreisvorsitzender der CDU Lahn-Dill. Helmut Kohl war 1964 in den CDU-Bundesvorstand gewählt worden, ab 1973 war er CDU-Vorsitzender. Von 1982 bis 1998 war Kohl Bundeskanzler. Er starb 2017.

Keine „Früher-war-alles-besser-Diskussion“

Zur Forderung des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU), sich wieder stärker an Merkels Kurs der politischen Mitte zu orientieren, um breitere Wählerschichten zu erschließen, äußerte sich Volkmann zurückhaltend. „Wir sollten keine Früher-war-alles-besser-Diskussion führen“, sagte er und fügte an: „Wir müssen nach vorne schauen und schauen, welche Herausforderungen begegnen uns heute.“ Da sei der Kurs von Parteichef Friedrich Merz „genau der Richtige“, meinte Volkmann im Vorfeld des dreitägigen Parteitreffens.

Auf die Frage, ob er seinen berühmten Großvater Helmut eher als Belastung oder eher als Chance für den eigenen Lebensentwurf sehe, antwortete Volkmann: „Mein Großvater ist jetzt seit sieben Jahren tot. Das Thema spielt in meinem Alltag keine große Rolle. Aber seine politischen Werte leben natürlich weiter.“ Gerade Kohls „Bekenntnis zu einem vereinten Europa und einem starken Westen sind Werte und Überzeugungen, die ich teile“. Mögliche Vorhaltungen, er werde nur wegen seines Großvaters in den CDU-Vorstand gewählt, sieht Volkmann gelassen: „Die Delegierten wählen Personen, keine Verwandtschaftsverhältnisse.“ Er hoffe, dass er durch seine Inhalte überzeugen könne.

Ein wesentlicher Grundsatz von Kohl sei gewesen, „dass man gegenüber Diktaturen, gegenüber Leuten, die Freiheit in Europa bedrohen, nicht nachgeben darf“, sagte Volkmann. „Gegenüber Autokraten dürfen wir kein Appeasement betreiben, das ist eine zentrale Erkenntnis meines Großvaters gewesen.“ Die deutsche Wiedervereinigung oder der Maastrichter Vertrag zur Schaffung der Europäischen Union seien „ein unmittelbares Ergebnis der Standfestigkeit gegenüber Diktaturen“. Appeasement bezeichnet eine Politik der Zurückhaltung und Beschwichtigung gegenüber Aggressoren.

Heute werde die Freiheit vom russischen Präsidenten Wladimir Putin bedroht, sagte Volkmann. Die Inspiration des europapolitischen Wirkens von Kohl sei es, „standhaft zu bleiben im Umgang mit Russland. Aus einer Position der eigenen Stärke den Frieden in Europa zu sichern.“

»Scholz hat viel Vertrauen bei unseren Partnern in Osteuropa kaputtgemacht.«

Johannes Volkmann

Kandidat für den CDU-Bundesvorstand

Die Weigerung von Scholz, der Ukraine weitreichende deutsche Taurus-Marschflugkörper zur Verfügung zu stellen, kritisierte Volkmann scharf. „Scholz hat leider nicht das Format von (dem früheren SPD-Kanzler) Helmut Schmidt gezeigt. Sondern er war bei allen Entscheidungen zu zögerlich, zu langsam, hat damit auch viel Vertrauen bei unseren Partnern in Osteuropa kaputtgemacht.“ Es erschließe sich nicht, warum Frankreich und Großbritannien der Ukraine weitreichende Raketen liefern könnten, aber Deutschland bei einer Taurus-Lieferung in den Konflikt hineingezogen würde. „Es wirkt mehr wie eine Entschuldigung - und seine eigenen Koalitionspartner glauben die ja nicht mal.“

Zur Frage, warum er in die Bundespolitik gehen wolle, sagte Volkmann: „Politik ist meine Antwort auf die Sinnfrage. Mir macht es Spaß.“ Er habe auf kommunaler Ebene den Eindruck gewonnen, etwas bewegen zu können. „Auf Bundesebene möchte ich gerne die Perspektiven meiner Generation einbringen.“ So wolle er das Wohlstandsversprechen der sozialen Marktwirtschaft für seine Generation erneuern. Viele in seinem Alter wollten jetzt eine Familie gründen und ein eigenes Haus erwerben und stellten fest, dass sie sich das nicht leisten könnten. Das habe viel damit zu tun, dass in Deutschland mittlere Einkommen sehr hoch besteuert würden - und „dass wir immer noch eine Grunderwerbssteuer zum Beispiel für junge Familien haben“. Dies müsse sich ändern. „Die CDU muss zum Anwalt junger Leute werden“, forderte Volkmann. (APA/dpa)

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