ESG

Weckruf für Banken bei grünen Bonds

Von Kritikern bekommt die britische Bank Barclays keine guten Noten.
Von Kritikern bekommt die britische Bank Barclays keine guten Noten. APA/AFP/Tolga Akmen
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Anleihen. Emittenten von Anleihen sind aufgeschreckt: Sie verlangen von Banken mehr grünes Engagement, sonst drohen Geldeinbußen. Auch immer mehr Kunden erwarten Fortschritte bei den Kennzahlen.

Wien. Das Thema ESG sorgt an den Finanzmärkten weiterhin für Diskussionen. Während sich in den USA immer mehr Widerstand gegen die Nachhaltigkeitsvorgaben formiert, machen viele Anleiheemittenten ihre Partnerbanken im Stillen darauf aufmerksam, dass schlechte ESG-Noten ihr Geschäft belasten könnten. ESG (Environmental, Social und Governance) bezeichnet Kriterien für nachhaltiges Wirtschaften von Unternehmen und spielt auch bei Anlagen eine immer größere Rolle.

Laut Ulf Erlandsson, Gründer und Geschäftsführer des Anthropocene Fixed Income Institute, steht „eine Reihe von Emittenten“ kurz davor, Geschäfte mit Bankgegenparteien auf Eis zu legen, wenn es beim Profil der Bank „grundlegende“ Dissonanzen mit den eigenen ESG-Zielen gibt.

Sorge vor Geschäftseinbußen

„Die Abwahl von Kontrahenten kann ein sehr wirkungsvolles Instrument sein, das Banker fürchten sollten“, so Erlandsson. „Gebühren sind für Banker die reinste Form des Profits — und sie verlieren sie nur ungern. Schon die Drohung, verstoßen zu werden, reicht daher aus, um in den Führungsetagen die Alarmglocken schrillen zu lassen.“

So etwa das Beispiel KFW: Die Kreditanstalt für Wiederaufbau, einer der weltweit größten Anleiheemittenten, soll im vergangenen Jahr auf die britische Barclays Bank zugegangen sein und das Management zum niedrigen ESG-Rating der Bank befragt haben. Unter den wichtigsten Anleihehändlern der Bank habe Barclays die mit Abstand schlechteste Note, so die Kritik. Bei den Briten führte dies dem Vernehmen nach zu der Sorge, dass sie das Geschäft mit der Förderbank einbüßen könnten. 

Ein KFW-Sprecher erklärte, die Bank tausche sich regelmäßig mit den Emissionsbanken aus, auch über „mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der ESG-Ratings“. Bei der Auswahl der Banken für ihre grünen Anleihen seien die ESG-Ratings eines von mehreren Kriterien, die die KFW berücksichtige. Eine Beendigung der Zusammenarbeit mit Barclays sei aber nicht diskutiert worden, so der Sprecher. 

Ein Sprecher von Barclays wollte sich nicht dazu äußern, inwieweit die Bank fürchtete, Anleihemandate der KFW zu verlieren. Er wies jedoch darauf hin, dass die Ratingbranche derzeit nicht reguliert sei, was zu Problemen hinsichtlich Transparenz, Qualität und Verlässlichkeit führen könne. Barclays hatte ähnliche Probleme mit der Nordic Investment Bank. Wie zu hören ist, verzichtete Barclays im Mai darauf, auf eine Angebotsanfrage der NIB zu antworten, nachdem die Bank zu dem Schluss gekommen war, dass eine Zusammenarbeit aufgrund eines niedrigen ESG-Ratings unwahrscheinlich sei. Ein NIB-Sprecher betonte, dass sich das Institut nicht zur Auswahl von Gegenparteien für ihre Finanzierungstransaktionen äußere.

Einfluss der ESG-Ratings

Man wende jedoch interne ESG-Kriterien auf alle Banken an, mit denen die Bank Geschäfte macht, so der Sprecher. Die NIB befindet sich im Besitz der nordischen und baltischen Staaten. Das zeigt, welchen Einfluss ESG-Ratings haben können, wenn es darum geht, welche Banken Aufträge erhalten und welche nicht. Wie aus Insiderkreisen zu hören ist, gibt es bei Barclays eine kleine, aber wachsende Zahl von Kunden, die von der Bank Fortschritte bei einer Reihe von ESG-Kennzahlen verlangen. Dabei geht es zum Beispiel um die Anzahl der weiblichen Managing Directors und die Höhe der Emissionen der Kreditnehmer.

Governance-Score

Kennzahlen zum ESG-Profil von Barclays gibt es unter anderem von MSCI, der Morningstar-Sparte Sustainalytics sowie von S&P Global, die allesamt eine Vielzahl börsenotierter Unternehmen benoten. Die Bewertungen, die für Barclays am problematischsten waren, stammten dem Vernehmen nach von der ESG-Bewertungsabteilung von Institutional Shareholder Services. Der Governance-Score von Barclays bei ISS war 2022 auf neun gesunken und lag damit nur noch eine Stufe über der niedrigstmöglichen Note zehn, wie aus den Finanzberichten der Bank hervorgeht. Inzwischen ist das Rating auf vier gestiegen, wobei eins die beste Note ist.

Ein Sprecher von ISS sagte dazu, dass ISS sich nicht zu einzelnen Unternehmensbewertungen oder -profilen äußere. Er verwies darauf, dass die meisten ESG-Ratings des Hauses auf seiner Website frei zugänglich seien.

Ungenaue Daten als Faktor

Als Reaktion auf die Aussage der KFW kontaktierte Barclays ISS, um zu erfahren, welche Daten für die Vergabe des Governance-Ratings verwendet wurden. Ein Grund soll gewesen sein, dass die dem Rating zugrunde liegenden Daten möglicherweise ungenau seien. Die Bank bat um Aufklärung, welche Faktoren für das niedrige Rating ausschlaggebend waren.

Barclays konnte daraufhin die von ISS für die ESG-Ratings verwendeten Daten aktualisieren. Dies habe zu einem deutlichen Sprung in der Governance-Bewertung geführt, hieß es. Die niedrige Governance-Bewertung wurde darauf zurückgeführt, dass Barclays zuvor keine angemessenen Daten zur geschlechtlichen und ethnischen Vielfalt im Aufsichtsrat vorgelegt hatte. (Bloomberg)

Auf einen Blick

Der Durchbruch für die ESG-Kriterien erfolgte, als sich Blackrock-Chef Larry Fink in einem offenen Brief dazu bekannte. Doch inzwischen hat Fink sich davon zurückgezogen. Immer öfter kehren in den USA Anleger der Strategie, die von prominenten Republikanern als „woke“ und antiamerikanisch bezeichnet wurde, den Rücken.

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