Deutschland

Vier Teenager sollen SPD-Politiker in Dresden angegriffen haben

Am Sonntag versammelten sich nicht nur in Berlin Tausende Menschen, um gegen Gewalt an Politikern zu demonstrieren.
Am Sonntag versammelten sich nicht nur in Berlin Tausende Menschen, um gegen Gewalt an Politikern zu demonstrieren.Imago / Achille Abboud
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Der SPD-Europaabgeordneter Matthias Ecke wurde krankenhausreif geschlagen - offenbar von mindestens vier jungen Männern im Alter von 17 und 18 Jahren. Die deutschen Parteien äußern sich besorgt um die Demokratie im Land.

Im Fall des Angriffs auf den SPD-Europapolitiker Matthias Ecke in Dresden gibt es drei neue Verdächtige. Die Staatsanwaltschaft Dresden und das Landeskriminalamt Sachsen erklärten am Montag, die Wohnung von drei weiteren Jugendlichen sei am Sonntag durchsucht worden. Alle vier Beschuldigen sind junge Männer im Alter von 17 und 18 Jahren. Es sei Beweismaterial beschlagnahmt worden, das nun ausgewertet werde-

Schon in der Nacht zum Sonntag hatte sich ein 17-Jähriger der Polizei gestellt. Der deutsche Jugendliche habe sich in der Nacht zum Sonntag auf einem Polizeirevier gemeldet und erklärt, dass er der Täter sei, teilte die sächsische Staatskanzlei mit. Er sei bisher nicht polizeilich in Erscheinung getreten. Der Staatsschutz des Landeskriminalamtes habe die Ermittlungen übernommen.

Ecke - er ist Spitzenkandidat seiner Partei im Bundesland Sachsen - war beim Plakatieren in Dresden von mehreren Menschen angegriffen und schwer verletzt worden und musste im Krankenhaus operiert werden. Übergriffe auf Wahlkampfstände verschiedener Parteien wurden auch aus weiteren Städten gemeldet.

Tausende versammelten sich zu Kundgebungen

Nach der Prügel-Attacke auf den SPD-Europaabgeordneten Matthias Ecke haben Parteien und Verbände vor einem Angriff auf die Demokratie gewarnt. In mehreren Städten wie Berlin, Potsdam oder dem Tatort Dresden versammelten sich am Sonntagabend Tausende kurzfristig zu Kundgebungen. Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) erinnerte in Dresden bei der Demonstration „Aufstehen & Demokratie verteidigen“ an die friedliche Revolution in der DDR 1989: „Wir sind für die Freiheit auf die Straße gegangen. Wir werden heute nicht weichen vor Demokratieverächtern.“ CDU-Parteichef Friedrich Merz sagte vor dem Bundesparteitag in Berlin: „Ich hoffe, dass wir eine streitbare Demokratie sind und bleiben. Aber dass dieser Streit mit Worten ausgetragen wird und nicht mit Fäusten.“ In Berlin sprach am Brandenburger Tor unter anderem SPD-Chef Lars Klingbeil.

Bereits am Samstag hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu Wort gemeldet: „Die Demokratie wird von so etwas bedroht“, sagte er. „Dass so etwas geschieht, hat auch etwas zu tun mit Reden, die gehalten werden, mit Stimmungen, die erzeugt werden.“ Innenministerin Nancy Faeser (SPD) forderte umfassende Aufklärung: „Wir erleben hier eine neue Dimension von antidemokratischer Gewalt.“

Immer wieder Einschüchterungsversuche

Nach Angaben der SPD Sachsen gab es auch bei anderen Plakatier-Teams Einschüchterungsversuche, Plakatzerstörungen und Beleidigungen. Die Polizei in Sachsen meldete einen Angriff auf einen AfD-Infostand in Dresden. Aufsteller, Plakate und Tisch seien beschädigt worden, der Betreiber des Standes sei nicht verletzt worden. Zudem habe es wahllose Zerstörungen von Plakaten der AfD, FDP, CDU und Linken in Dresden gegeben. Angriffe auf Politiker wurden auch aus NRW gemeldet.

Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel erklärte, Gewalt dürfe kein Teil der politischen Auseinandersetzung sein. „Solche Taten müssen rigoros verfolgt werden.“ Besonders häufig aber seien Politiker und Mitglieder der AfD Ziel gewalttätiger Angriffen.

Mehr als Hundert Politiker verschiedener Parteien unterzeichneten einem „Spiegel“-Bericht zufolge eine Erklärung, in der sie sich zum respektvollen Umgang unter Demokraten verpflichteten.

Mehrere Regionalwahlen in Deutschland

Neben der Europawahl finden in den ostdeutschen Bundesländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg in diesem Jahr auch Kommunal- und Landtagswahlen statt. Die AfD führt in allen drei ostdeutschen Ländern in Umfragen. Parteien und Sicherheitsbehörden haben angesichts der aufgeheizten Auseinandersetzung vor allem mit Rechts-, aber auch Linksextremen vor einer Zunahme der Gewalt gewarnt.

Die Zahl der Übergriffe gerade auch auf Kommunalpolitiker nimmt aber auch in ganz Deutschland seit Jahren zu. Laut Bundesregierung waren 2023 von Angriffen vor allem Politiker der Grünen betroffen, danach folgen die AfD und die SPD. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass der Wagen von Bundestags-Vizepräsidentin Göring-Eckardt (Grüne) in Brandenburg mehr als eine halbe Stunde von aggressiven Demonstranten blockiert wurde.

Sondersitzung der Innenminister vorgeschlagen

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Thorsten Frei (CDU), forderte Konsequenzen: „Dazu gehört auch, dass die Innenminister von Bund und Ländern zügig beraten, wie sie auf diese wachsende Bedrohung mit Augenmaß reagieren und ob ihre Sicherheitskonzepte für Wahlkampfzeiten verstärkt werden müssen“, sagte er dem „Handelsblatt“.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Michael Stübgen (CDU), schlug in der „Rheinischen Post“ eine Sonderkonferenz mit den Landesinnenministern am Dienstag vor. (Reuters)

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