Kopfkino

Schwerelos

In jemandem etwas sehen, was kein anderer sieht. Für dieses Phänomen gibt es einen Begriff.
In jemandem etwas sehen, was kein anderer sieht. Für dieses Phänomen gibt es einen Begriff. Unsplash (Everton Vila)
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Und plötzlich ist alles möglich. Es gibt keine Grenzen mehr. Keine Hürden und Hindernisse.

Es gibt da diese Szene in dem Film „Return to Me“ aus dem Jahr 2000. Der im Leben zuletzt arg gebeutelte Bob (David Duchovny) kommt zur Arbeit und ist nicht wiederzuerkennen. Seine Kollegen starren ihn an, als wäre er eine fremde Person, die sich verirrt hat. Seine Strahlkraft, seine gute Laune, sein Tatendrang: Er wirkt wie jemand, der neu geboren wurde, dem nichts etwas anhaben kann, gänzlich frei von Ballast und Schwermut.

Wer kennt es nicht, dieses Lebensgefühl? Diese Sicherheit, diese Freiheit, diese innere Ruhe. Du fühlst dich unantastbar, unangreifbar, unverletzlich. Du lebst mit der Überzeugung, jeden Berg besteigen, jeden Konflikt lösen und jede berufliche Herausforderung meistern zu können. Du änderst dein Aussehen und deine Ernährung. Du überdenkst deine Wertigkeiten, treibst mehr Sport, nimmst dir mehr Zeit für dich und deine Freunde. Du wachst schon positiv gestimmt auf, kommst mit weniger Schlaf aus, hast den ganzen Tag mehr Energie. Du wirst übermütig – denkst, du würdest einen Flugzeugabsturz überleben, eine schwere Krankheit besiegen, in ein brennendes Haus rennen, um ein Kind zu retten. Denn im Moment kann dich nichts aufhalten. Grenzen, Hürden und Hindernisse gelten für alle anderen, nicht für dich.

Du mobilisierst Kräfte, die schon immer in dir waren, die du aber nicht genutzt hast. Du überraschst dich selbst, du entzückst dich selbst, du begehrst dich selbst. Du verbesserst deine Rückhand im Tennis, deine Zeit beim Marathon, deinen Moves beim Tanzen. Du wirst zur Inspiration für deine Freunde, Familie und Kollegen. Du motivierst sie, treibst sie an, lockst sie aus der Reserve. Du genießt die fragenden, staunenden und bewundernden Blicke deiner Umgebung. Du weißt, sie sind begründet und berechtigt. Mehr noch, sie vollenden deinen Zustand. Ein Zustand, den du pflegen und bewahren willst. Und während du über all diese Eindrücke nachdenkst, wunderst du dich, wie du jemals ohne sie auskommen und dich trotzdem als glücklichen Menschen bezeichnen konntest.

So wie Bob in „Return to Me“. Was ihn in diesen Zustand versetzt hat? Ist doch wohl klar: Er hat jemanden kennengelernt.

E-Mails an: koeksal.baltaci@diepresse.com

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