Nachruf

Minister und großer Biochemiker: Hans Tuppy ist tot

Hans Tuppy (1924-2024).
Hans Tuppy (1924-2024).APA / Georg Hochmuth
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Im Alter von 99 Jahren ist Hans Tuppy gestorben. Er war eine Zentralfigur der Wissenschaft und der österreichischen Wissenschaftspolitik.

Das Strahlen in seinen Augen, wenn er über Wissenschaft – und noch mehr: über seine Wissenschaft, die Biochemie – sprach, bleibt jedem unvergesslich, der Hans Tuppy je begegnet ist. Er war ein Forscher, der seine Begeisterung nicht verbergen konnte, dem die Forschung sogar so wichtig war, dass er sich in die Politik begab, weil er ihre Rahmenbedingungen in Österreich ändern wollte. So war er von 1987 bis 1989 in der großen Koalition unter Vranitzky Wissenschaftsminister. Davor schon war er Präsident des Wissenschaftsfonds FWF, wo er das internationale Peer-Review-System einführte, Dekan der Medizinischen Fakultät, Rektor der Uni Wien und Präsident der Akademie der Wissenschaften. Nicht mit allen seinen wissenschaftspolitischen Überzeugungen konnte er sich durchsetzen, so war er etwa ein Gegner der Abtrennung der Medizin in einer eigenen Universität: Deren Verbindung mit den Naturwissenschaften war ihm zu wichtig.

Von Insulin bis zu Mitochondrien

Doch vor allem war Hans Tuppy ein großer Forscher. Es ist keine Legende, dass er knapp am Nobelpreis vorbeiging: Als junger Forscher in Cambridge war er maßgeblich an der Bestimmung der Aminosäuren-Sequenz des Insulins beteiligt, für die Frederick Sanger 1958 den Nobelpreis erhielt. Tuppys Forschungsinteressen galten vielen Themen der Biochemie, nicht nur der Strukturaufklärung von Peptiden und Proteinen. Er arbeitete auch über Nukleinsäuren, Kohlenhydrate und Viren, entdeckte etwa eine Substanzgruppe (Abkömmlinge der Neuraminsäure) mit antiviraler Wirkung. Er erforschte die Zellatmung, Antigene auf Zelloberflächen und die Mitochondrien. Mit seinem Mitarbeiter Gottfried Schatz glückte ihm der Nachweis, dass diese Zellorganellen DNA enthalten, die auch weitergegeben wird.

Die Möglichkeiten der Gentechnik sah Tuppy optimistisch, riet aber stets zu maßvollem Tempo und Reflexion, etwa in der in der Forschung an embryonalen Stammzellen. Sein politisches Engagement – er war bei der ÖVP – war durch seinen christlichen Glauben geprägt, der für ihn völlig mit seinem Überzeugung als Wissenschaftler vereinbar war. Es wäre ihm nie eingefallen, den Glauben an die Schöpfung gegen die Evolutionslehre auszuspielen. Doch man konnte auch über solche Themen mit ihm diskutieren, angeregt durch die Begeisterung, die er auch dabei zeigte. Und die ihm bis ins hohe und höchste Alter geblieben ist. Nun ist Hans Tuppy im Alter von 99 Jahren gestorben, das Forschungsland Österreich gedenkt seiner.

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