Supercar

Siegen mit McLaren: Der 750S Spider als Supercar und lässiger Roadster in einem

Scherentüren aus Funktionalität, anders bringt man keine Türen an ein Chassis komplett aus Karbonfaser.
Scherentüren aus Funktionalität, anders bringt man keine Türen an ein Chassis komplett aus Karbonfaser. Fabry
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Wie passend: Der traditionsreiche Formel-1-Rennstall kann wieder siegen. Auf der Straße zeigt McLaren ein Supercar ohne festes Dach.

Rein statistisch sieht es nicht nach viel aus, was der Brite Lando Norris vergangenen Sonntag beim Formel-1-Grand-Prix in Miami vollbrachte: Er fügte seinem Rennstall den 184. Sieg hinzu.

Doch für McLaren bedeutet die Rückkehr aufs oberste Podest die Welt. Fast ein Jahrzehnt hat’s dazu nicht gereicht. Eine wohl nur schwer zu ertragende Durststrecke, denn McLaren zählt sich zu den Winnern in der Formel 1 – als bis heute zweiterfolgreichstes Team, hinter Ferrari. Zwölf Fahrer- und acht Konstrukteurstitel gehen auf das Konto des englischen Rennstalls, der 1964 vom Neuseeländer Bruce McLaren gegründet wurde.

Unter dem Package für das Faltdach sitzt der 4,0-Liter-V8 in Mittellage, wie es sich gehört für einen Supersportler.
Unter dem Package für das Faltdach sitzt der 4,0-Liter-V8 in Mittellage, wie es sich gehört für einen Supersportler. Clemens Fabry

Und der Chef fuhr persönlich, so beim ersten Formel-1-Rennen des jungen Rennstalls 1966, in Monaco. McLaren auf McLaren fiel allerdings aus, so wie die meisten in dem Lauf (darunter auch Jochen Rindt auf ­Cooper-Maserati); nur vier von 16 kamen durch. Bruce McLarens Doppelbegabung als Konstrukteur und Fahrer führte wohl auch zu seinem frühen Tod 1970: erst 32-jährig, bei Testfahrten in Goodwood.

Auf der Straße mit V8

Damals waren es die epochal erfolgreichen V8-Kundenmotoren von Ford (entwickelt und gebaut in England von Cosworth), heute fährt McLaren in der Formel 1 mit 1,6-Liter-V6 von AMG-Mercedes. Die Motoren der Straßenfahrzeuge sind auch nicht ganz hausgemacht, sie werden beim englischen Spezialisten Ricardo gebaut. Das Engineering, also Konstruktion und Entwicklung, habe man komplett im eigenen Haus, betont das Unternehmen.

Ehrensache: Das Lenkrad ist aus Karbon. Die Lenkung hydraulisch, nicht elektrisch, so kommt mehr Gefühl fürs Fahrzeug in die Hände.
Ehrensache: Das Lenkrad ist aus Karbon. Die Lenkung hydraulisch, nicht elektrisch, so kommt mehr Gefühl fürs Fahrzeug in die Hände. Clemens Fabry

Ein solcher prächtiger V8 mit vier Litern Hubraum und zwei Turboladern ziert auch den Mittelbau des McLaren 750S – wenn man denn was von ihm zu sehen bekäme. Viel mehr als Schächte zur Be- und Entlüftung lassen sich nicht ausmachen: Es ist an der Stelle ja das Dach mit der ganzen Kinematik zum schnellen Öffnen und Schließen unterzubringen – wir satteln den 750S als Spider, die ins Sportliche zielende Begriffsvariante für Cabrio. Die Mittellage des Achtzylinders versteht sich bei einem Sportwagen dieses Kalibers von selbst.

Die Leistung schon im Namen

Was die Leistung angeht: Der 750S führt sie als PS schon im Namen. Anders als beim McLaren Artura, den wir im Vorjahr ausführten, sind keine Hybridkomponenten im Einsatz. Als reiner Verbrenner ist dies vielleicht das letzte Serienmodell von McLaren (und vielen anderen), bevor irgendeine Form der Elektrifizierung vollends unumgänglich ist. Dem 750S brockt allein schon die NoVA bei uns gut 80.000 Euro extra ein.

Planer Unterboden, Diffusor, hoch oben die Auspuffanlage. Darüber noch der breite Heckflügel mit maximierter Oberfläche für Abtrieb und als Airbrake bei harten Bremsmanövern.
Planer Unterboden, Diffusor, hoch oben die Auspuffanlage. Darüber noch der breite Heckflügel mit maximierter Oberfläche für Abtrieb und als Airbrake bei harten Bremsmanövern. Clemens Fabry

Aber damit endet dann auch die Ära dieser Art von Autos, die sich nicht nur über verschwenderische Leistung, sondern auch über Leichtgewichtigkeit definieren. Ein Gewicht von oder sogar unter 1400 Kilogramm wie beim 750S, das kann man mit Batterien und BEV-Komponenten an Bord vollends vergessen.

Keine große Batterie an Bord: Viereinhalb Meter Supercar in Leichtbau unter 1400 kg.
Keine große Batterie an Bord: Viereinhalb Meter Supercar in Leichtbau unter 1400 kg. Clemens Fabry

Wen der NoVA-Gipfel auf einem ohnehin schon imposanten Preisgebirge nicht abschreckt, der kann den momentan überragenden Serien-Supersportwagen ohne Dach in vollen Zügen überm Kopf genießen. McLaren erreicht das im 750S Spider auf die nobelste Weise: mit weniger statt mehr, nämlich Gewicht. Die Fahrgastzelle in einem Stück komplett aus Karbonfaserverbundstoff gefertigt, der 750 PS starke V8 trocken nur 170 Kilogramm schwer, auch sonst viel Karbon, Titan und Alu – alles an dem Auto ist auf Leichtbau getrimmt, ohne dass Purismus am Komfort der Passagiere kratzen würde. Zur Ausstattung zählt zum Beispiel auch eine klangstarke Anlage von Bower & Wilkins.

Auch platzökonomisch perfekt: Vorwahl des des 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebes.
Auch platzökonomisch perfekt: Vorwahl des des 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebes.Clemens Fabry

Aber der Sound, der zählt, kommt aus dem Ansaugtrakt direkt hinterm Cockpit und aus der hochliegenden Auspuffanlage am Heck, an dem auch ein großer, aktiver Flügel installiert ist. Während der variabel den Auftrieb der Karosserie reduziert und im Zusammenspiel mit dem Unterdruck erzeugenden Diffusor bei hohen Geschwindigkeiten Down­force generiert, schnellt er bei Bremsmanövern in die Höhe und trägt als Airbrake zu Verzögerung und Stabilität an der Hinterachse bei – durch den Rückspiegel betrachtet immer wieder ein erfreuliches Schauspiel.

Besser noch als das Gefühl auf der Bremse ist das Lenkverhalten, es kommt mit hydraulischer Direktheit statt als elektrische Gouvernante; schön hemdsärmelig fühlt sich das an, wenn man das Auto bis tief in den Scheitelpunkt der Biegung bremst und die Dynamik des Fahrgeschehens über die Hände in den Körper aufnimmt.

Teuer, aber auch das ultimative Wort in Sachen Supercar samt Eignung für eine entspannte Ausfahrt unter freiem Himmel: McLaren 750S Spider.
Teuer, aber auch das ultimative Wort in Sachen Supercar samt Eignung für eine entspannte Ausfahrt unter freiem Himmel: McLaren 750S Spider. Clemens Fabry

Das ganze Potenzial des 750S kann man wohl nur auf der Rennstrecke ausloten, dafür gibt es auch ein abrufbares Set-up. Aber ein Auto, das so mühelos beschleunigt – man nimmt am besten gleich den Null-auf-200-Wert her: 7,3 Sekunden –, das beim Bremsen keinen Elefanten darstellt und allzeit höchstes Gripniveau aufbaut, das macht auch auf einer engen Bergstraße Spaß, als wär’s dafür gebaut. Bevor man sich als Lando Norris fühlt, ist man allerdings gut beraten, die brisante Power an der Hinterachse unter ESP-Aufsicht zu belassen – dieses Rennpferd kann auch ausschlagen.

Der 750S Spider kann aber eben auch den lässigen Roadster geben, anders als rein auf die Rennstrecke gemünzte Gerätschaft wie der McLaren Senna. Den hat ein prominenter YouTuber unlängst auf öffentlicher Straße verschrottet.

McLaren 750S Spider

Maße: L/B/H 4569/1930/1196 mm. Radstand 2670 mm. Leergewicht 1326/1438 kg (DIN/EU). Kofferraum 58 Liter.

Motor: V8-Zylinder-Biturbo-Otto, 3994 ccm. Leistung max. 552 kW (750 PS) bei 7500 U/min. Max. 800 Nm. Hinterradantrieb. 0–100/200 km/h in 2,8/7,3 sec. Vmax 332 km/h.

Testverbrauch 12,4 l/100 km.

Preis: ab 400.048 Euro

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