Olympia

12.000 Kilometer, 400 Stationen: Die längste Reise der Olympischen Fackel

Didier Drogba war Teil des Staffellaufes, der die Fackel von Marseille nach Paris führen wird.
Didier Drogba war Teil des Staffellaufes, der die Fackel von Marseille nach Paris führen wird.APA / AFP / Sylvain Thomas
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Die Olympische Fackel bahnt sich ihren Weg von Marseille nach Paris, wo sie am 26. Juli zur Eröffnungsfeier ankommen soll. Wer sie aller tragen darf, bleibt geheim, und doch weiß man, dass Terror-Opfer, Kriegsveteranen, Sportstars und Feuerwehrleute sie halten werden.

Marseille. Der längste olympische Fackellauf der Geschichte nimmt seinen Weg. Zehn Wochen lang werden über 10.000 Menschen auf 12.000 Kilometern und 400 Stationen abwechselnd die symbolische Flamme tragen. Ob Sportstars, Überlebende der Terroranschläge in Paris, Kriegsveteranen der französischen Résistance und eine Österreicherin – Emotionen sind dabei garantiert. Die Fackel wird vor der Eröffnungsfeier der Spiele in Paris am 26. Juli durch mehr als 400 französische Städte und Gebiete gewandert sein, darunter Überseedepartments wie Guadeloupe, Martinique, Neukaledonien und Réunion besuchen. Weitere bemerkenswerte Orte auf ihre Route sind Mont Saint-Michel, die Strände der Normandie an der Landung des D-Day, Verdun oder das Raumfahrtzentrum in Kourou in Französisch-Guayana.

„Die Fackel ist magisch wegen ihrer Symbolik und für diejenigen, die sie tragen“, sagte Sportministerin Amélie Oudéa-Castéra. Dieser Lauf solle die Grande Nation mobilisieren, eistimmen auf das Event an der Seine. Und parallel dazu Ängste über Anschläge, Probleme mit Verschmutzung der Seine und Kosten-Explosionen in Paris (etwa Carnet 32,50 statt 17 €) vergessen lassen.

Die 102-jährige Mélanie Berger-Volle

Mehr als 120.000 Zuschauer und 6000 Polizisten waren in Marseille zugegen, als die Laterne mit der Flamme nach einer zwölftägigen Reise aus Griechenland auf einem Segelschiff aus dem 19. Jahrhundert, der „Belem“, eingetroffen war. Dafür wurden hastig Müllberge von den Straßen geräumt, Militär-Jets drehten ihre Runden. Im Hafen wurde die Flamme umgehend an Schwimmer Florent Manaudou und Paralympics-Läuferin Nantenin Keïta, übergeben. Für Überraschung sorgte, dass der Marseiller Rapper Jul das Feuer anschließend entzündete.

Wer in entscheidenden Momenten die Fackel trägt, also in Paris, vor und bei der Eröffnungsfeier, bleibt geheim. Seinen Teil beitragen dazu wird aber Lassana Bathily, ein ehemaliger Supermarktangestellter. Der 24-jährige Flüchtling aus Mali hatte während dem Angriff auf einen koscheren Supermarkt im Osten der Metropole 2015 Kunden vor dem Terroristen versteckt. Emotional wird es, wenn Mélanie Berger-Volle, 102 Jahre alt, in der Loire übernimmt: sie hatte sich als Teenager der Résistance im Zweiten Weltkrieg angeschlossen. In Nizza wird Stéphane Erbs teilnehmen, der bei dem Terroranschlag in Nizza 2016 verletzt wurde und seine Frau verlor. Zu den Pariser Fackelträgern gehört u. a. „Müllmann“ Ludovic Franceschet, der mit Social-Media-Videos über Müll und Schutz des Planeten eine gigantische Fangemeinde hat. Dass Präsident Emanuel Macron und Olympia allen Nebengeräuschen aus Klimaschutz, Greenwashing, Terrorangst und Umweltschutz-Protesten damit trotzdem nicht entkommen, ist klar.

In mehreren Ausstellungen in Paris wird die Geschichte olympischer Rituale, darunter auch des Fackellaufs, neu bewertet.
Eine Audition im Mémorial de la Shoah erklärt, wie der Flammenübertritt von Griechenland in das Gastgeberland – der heute als ultimative Reise der Inklusivität und Toleranz organisiert wird – als Idee der Nazis bei den Berliner Spielen 1936 begann.

Liu Jia: Emotionaler Abschied

78 Tage vor dem Start der Spiele 2024 wurde auch einer Österreicherin eine Ehre zuteil. Tischtennis-Ikone Liu Jia war eine der 200 Personen, die auf der ersten von 67 Etappen die Fackel tragen durften. Die Ehre teilte sich die 42-Jährige mit zahlreichen Stars wie den Ex-Fußballern Didier Drogba und Jean-Pierre Papin, Ex-NBA-Basketballer Tony Parker oder Skifahrer Cyprien Sarrazin. „Es war mir eine große Ehre, die Fackel tragen zu dürfen“, sagte die sechsmalige Olympia-Teilnehmerin, die heuer jedoch nicht mehr unter den Fünf Ringen aufschlagen wird. Einen schöneren Abschied, sagte „Susi“, könne man sich nicht wünschen. Für alle anderen war es ein traumhafter Auftakt.

Sechs Tonnen Stahl für 2000 Fackeln

Nachhaltigkeit ist eines der Stichworte dieser Spiele. Für die Herstellung der 2000 Fackeln waren vier Autos vom Schrottplatz und besonderes Savoir-faire vonnöten. Sechs Tonnen Stahl wurden dadurch eingeschmolzen und dann zu 0,7-Millimeter-Platten geformt, die an die Fabrik des französischen Silberwaren- und Besteckherstellers Guy Degrenne in der Normandie verschifft wurden. Die 70 Zentimeter hohen und 1,5 Kilogramm schweren Fackel sind wasser- und winddicht, halten sogar Windböen von bis zu 60 km/h stand. Selbst einen Sturz aus drei Metern Höhe überstehen sind unbeschadet.

Olympia verlangt eben immer mehr. Von jedem.

(gua/dpa/bloom/apa/fin)

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