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Schafwolle, Stroh und Pilze: Wie marktreif sind die Bio-Dämmstoffe?

Die Wahl des (nachhaltigen) Dämmstoffes ist für viele auch eine Preisfrage.
Die Wahl des (nachhaltigen) Dämmstoffes ist für viele auch eine Preisfrage.Getty Images
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Für die Dämmung von Fassaden kommen immer mehr ökologische Stoffe infrage. Ein Überblick.

Bei Fassaden kommt es nicht nur darauf an, ob sie gedämmt sind, sondern auch auf die Stoffe, die dabei verwendet wurden. Mineralische oder synthetische Dämmstoffe, die teilweise nicht oder kaum recycelbar sind, vergrößern den Müllberg, den wir hinterlassen. Der Einsatz von biobasierten Dämmstoffen ist jedoch begrenzt: Sie können im sogenannten Perimeterbereich nicht eingesetzt werden, dieser liegt unterhalb des Erdreichniveaus und knapp darüber. Dort sind sie nicht widerstandsfähig genug gegen Feuchtigkeit und Druck.

„Als biobasiert gelten Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen, wie Hanf, Zellulose, Holzfaser, Schafwolle, Stroh, Kork, Schilf und Jute oder Flachs“, erläutert Peter Haftner von der Energie- und Umweltagentur des Landes Niederösterreich. Wobei es auch hier Abstufungen gibt, was die biologische Abbaubarkeit betrifft. „Hanf etwa wird für die Steifigkeit der Platten mit Kunststofffasern versehen und kann damit später zu einem Problem bei der Entsorgung werden“, gibt Architektin Ursula Musil von der Umweltberatung Wien zu beachten.

Etabliert: Holz und Zellulose

Am häufigsten für die Fassadendämmung eingesetzt werden zurzeit Holzfaser und Zellulose. „Holzfaserplatten haben sich auf dem Markt etabliert, vor allem in Deutschland gibt es großen Bedarf, da es viele Fachwerkhäuser gibt, die damit saniert werden“, weiß Musil. Aber auch in Österreich werden diese Platten, naturgemäß vor allem im Holzbau, zunehmend eingesetzt. „Man könnte Holzfaserplatten bei Massivbauten ebenfalls verwenden, das ist letztlich eine Frage des Preises“, meint Haftner. Zellulose ist in der Bauwirtschaft ebenfalls angekommen, berichten die Experten. „Altpapier wird zerhäckselt, mit einem (idealerweise klimafreundlichen, Anm.) Brandschutzmittel versetzt und in Hohlräume eingeblasen“, erläutert Haftner.

Und dann gibt es noch Schafwolle und Stroh: Diese beiden wären wohl die idealen nachwachsenden Dämmstoffe, da jede Menge Stroh vorhanden und es ein natürliches Abfallprodukt der Landwirtschaft ist. Schafwolle wächst naturgemäß ebenfalls nach. Beide können sie wiederverwertet werden. Laut den Experten stoßen diese Dämmstoffe jedoch nach wie vor auf große Skepsis, in der Bauwirtschaft sowie bei vielen Häuslbauern.

Barrieren: Schafwolle und Stroh

„Schafwolle wird meist in Innenräumen eingesetzt. Rein bauphysikalisch könnte man Schafwolle auch in der Außendämmung einsetzen, was aber so gut wie nie vorkommt, da die Akzeptanz dafür nicht gegeben ist“, erläutert Musil. „Und nicht zuletzt ist es auch hier eine Preisfrage“, ergänzt Haftner. „Beide Dämmstoffe sind gesellschaftlich nicht wirklich akzeptiert, was im Prinzip zu einer Marktbarriere führt“, konstatiert Christian Hansmann vom Kompetenzzentrum Holz GmbH der Boku Wien. Bei Stroh stünden Fragen wie „Kommen da nicht Mäuse, schimmelt das nicht?“ an der Tagesordnung, völlig unbegründet, wie die Experten meinen. Wobei man bei der Preisfrage auch zwischen Stadt und Land unterscheiden müsse: „Für ländliche Gegenden und Einfamilienhäuser wären Schafwolle und Stroh wohl ideale Dämmstoffe, in Städten mit großen Wohnbauten wäre das jedoch wohl kaum zu bezahlen“, sagt Musil.

Aber die Palette der biobasierten Dämmstoffe ist noch größer, einer davon ist etwa Jute. Man könnte gebrauchte Jutesäcke zu Dämmstoff verarbeiten, da Jute resistent gegen Schimmelwachstum und Insekten ist, ein schnell nachwachsender, schadstofffreier Naturdämmstoff, gesundheitlich unbedenklich und biologisch abbaubar, und überdies über Wärme- bzw. Hitzeschutzeigenschaften verfügt.

Potenzial: Zerbröselte Pilze

Auch Pilzwurzeln sollen sich grundsätzlich als Dämmstoff eignen, wie Hansmann erläutert: „Man könnte sie in einer bereits fertigen Form wachsen lassen. Das zerbröselte Pilzmaterial wird verhärtet und im Ofen getrocknet, bevor es weiterverarbeitet werden kann. Dieses Material hat sehr gute Dämmwerte, wird es zusätzlich gepresst, erreicht es einen ähnlichen Härtegrad wie Sperrholz und lässt sich auch für den Bau stabiler Möbel verwenden.“ Er fügt aber hinzu: „Die Zukunft wird zeigen, ob dieses Material dann ähnliche Probleme hinsichtlich der gesellschaftlichen Akzeptanz haben wird wie zurzeit Stroh oder Schafwolle.“

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