Mein Freitag

Im Rosengarten ist keiner allein

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Die Schönheit kann ganz schön wehtun, aber ohne Dornen sind sie keine Rosen.

Rosen und Katzen fügen einem diese Kratzer zu, die man immer wieder nicht erwartet und die schlecht heilen. Brombeeren sind für die langen, hauchdünnen Kratzer verantwortlich, die im Sommerbraun der Haut wie Wasserlinien wirken, wie Dekoration. Die Rose aber bohrt sich mit ihren Widerhaken ins Fleisch, es tut richtig weh.

Kaum eine andere Pflanze ist so schön und macht es einem so schwer, ihr nahezukommen. Ich trotze ihr dennoch ein paar Blüten ab, um die Freude an ihnen zu verlängern. Sie verblühen viel zu schnell da draußen. Für die Freundin binde ich ein paar zusammen und breche die Dornen ab. Man verschenkt keine Rosen mit Dornen, das bringt Schmerz, auch im übertragenen Sinn. Sie dürfen aber dagewesen sein, denn die Züchtungen ohne Dornen nehmen der Rose ihren Stolz.

Im Rosengarten im Volksgarten ist Hochsaison. Die Pracht der Blumen wird noch potenziert durch die Widmungen, die an den Sträuchern angebracht sind. Ganz viel Liebe, große Versprechen („Für immer!“), dazwischen Trauer und Erinnerungen. Wenn am Himmel auch noch schwarze Gewitterwolken aufziehen, fühlt man sich wie in einer Filmkulisse. Filmreif auch, was man an Gesprächsfetzen erhascht.

Geredet wird ohne Unterlass. Auf der Parkbank, auf den Eisensesseln. Hier kann jeder für sich allein sitzen und ist trotzdem in Gesellschaft. Eine amerikanische Freundin ist fasziniert: In New York, meinte sie, würde niemand einfach herumsitzen und quatschen. Irgendein Ziel müsste es immer geben: ein Picknick, eine Feier, eine Mahlzeit, einen Drink. Fürs Herumhängen gebe es weder Platz noch Verständnis. Es wirke wie Zeitverschwendung.

Gäbe es keine konsumfreien Zonen, noch dazu an den attraktivsten Plätzen der Stadt, wäre das Sein, ohne etwas tun zu müssen, viel schwieriger. Dies sollte man bei der Debatte um den öffentlichen Raum und seine Gestaltung nicht vergessen. Ob dies ausgerechnet am Michaelerplatz sein muss, ist eine andere Frage.

friederike.leibl-buerger@diepresse.com

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