Pop

Grammys: Beyonc©, Gorbi, die Philharmoniker

R-&-B-Sängerin Beyoncé Knowles triumphierte mit fünf Grammys. Im Übrigen zeigte sich die US-Musikindustrie in ihrer Preisvergabe erstaunlich pluralistisch.

S
urvivor" hieß einer ihrer Hits mit "Destiny's Child": Die Grammy-Ver leihung in der Nacht auf Montag hat Beyonc© Knowles nicht nur überlebt, sondern sie hat auch einiges gewonnen: fünf Preise für ihr erstes Solo-Album "Dangerously in Love" (bestes zeitgenössisches R-&-B-Album, beste R-&-B-Sängerin, beste R-&-B-Duo-Aufnahme, bester R-&-B-Song, beste Rap-Kollaboration). Damit reiht sie sich in die oberste Grammy-Liga ein, neben Alicia Keys, Norah Jones und Lauryn Hill. Und somit sind die Vorwürfe entkräftet, ihr Vater Matthew Knowles habe die heute 22-Jährige als Manager auf Kosten der anderen Mädchen des Trios "Destiny's Child" ungerechtfertigt in den Mittelpunkt gestellt.

Eine musikalische Vaterfigur begleitete die Grammy-Zeremonie - und gleich den ersten Auftritt von Beyonc© ebendort - ein: der Prince, als "Artist Formerly Known As Prince" nicht mehr so bekannt, mit "Purple Rain". Ob er als Vorläufer der semi-knackigen Hitparaden-Musik gelten kann, die man in den USA "R & B" (aber kaum mehr "Rhythm'n'Blues") nennt? Zu diesem Genre zählt auch Ex-N'Sync-Sänger Justin Timberlake, der zwei Grammys (allerdings in "Pop"-Kategorien) bekam. Jedenfalls der alte Soul-Stilist Luther Vandross: Er konnte, von einem Schlaganfall geschwächt, die drei Grammys (einen zusammen mit Beyonc©) nicht persönlich entgegennehmen.

Zur Platte des Jahres wurde "Clocks" von der verbindlichen und freundlichen Britpop-Band Coldplay erklärt, zum Album des Jahres "Speakerboxxx/The Love Below" von der bunt-lebendigen Hiphop-Formation OutKast gekürt, zum besten neuen Künstler die stark "gotisch", also mehr als ein bisschen tragisch angehauchte Band Evanescence, die auch in ihrem ureigenen Genre (Hardrock) gewann. Für ihre reife Wut, erwiesen auf dem Album "St. Anger", erhielten die alten Kämpfer von Metallica den Metal-Grammy. - Dass die US-Musikindustrie das Genre "Rock" etwas moderner zu fassen gewillt ist, zeigt der Grammy für den "Best Rock Song" an "Seven Nation Army" vom ekstatischen Electric-Blues-Duo White Stripes, das auch fürs beste "Alternative Music Album" ausgezeichnet wurde. Die Foo Fighters, würdige Sachwalter des einst unter "Alternative" gereihten "Nirvana"-Stils, siegten in der Kategorie "Best Rock Album". Anzeichen erstaunlicher Stilvielfalt auch sonst in den Pop/Rock-Gefilden: "Manbo Sinuendo" von Ry Cooder und Manuel Galban als "Best Pop Instrumental Album", die relativ aufmüpfige Pink ("Trouble") als beste Rocksängerin.

Die Rap-Ehren gingen vor allem an Missy Elliott und ihr eindeutig anzügliches "Work It" sowie an Eminem (zweimal für "Lose Yourself"). Im Country wurden James Taylor und Alison Krauss, Vince Gill und Ricky Scaggs geehrt - und die im Mai 2003 verstorbene June Carter Cash. Von ihrem im September 2003 verstorbenen Mann Johnny Cash stammt das Video des Jahres: die berührende Lebensbilanz "Hurt". Posthume Grammys auch für George Harrison (instrumentale Pop-Aufnahme: "Marwa Blues") und Warren Zevon.

In den Jazz-Kategorien dominieren alte Stammgäste: Randy und Michael Brecker, Chick Corea (für das Piano-Solo "Matrix"), Wayne Shorter (für das Album "Alegria"). "A Little Moonlight" von Diane Reeves wurde als bestes vokales Jazz-Album befunden.

Zumindest teilweise an österreichische Künstler geht der Grammy für die "Best Orchestral Performance": an eine Aufnahme der Dritten Mahler unter Pierre Boulez, mit den Wiener Philharmonikern, den Wiener Sängerknaben und dem Frauenchor des Wiener Singvereins. "Wir wussten gar nichts von der Nominierung", sagte Philharmoniker-Sprecher Wolfgang Schuster und erklärte: "Die Philharmoniker haben ja eine lange Mahler-Tradition, die weit vor Bernstein zurückreicht. Und Boulez ist einer der bedeutendsten Dirigenten unserer Zeit." Schuster freut sich "sehr, dass wir auch an der Westküste reüssieren können." Ab 18. Februar sind die Philharmoniker wieder in New York.

Ebenfalls Mahler bescherte den Grammy fürs beste klassische Album: die "Kindertotenlieder" unter Michael Tilson Thomas. Weitere Klassik-Preise in Kürze: Beste Opernaufnahme: Jan¡ceks "Jenufa" unter Bernard Haitink; beste Chor-Aufnahme: Sibelius-Kantaten unter Paavo Järvi; bestes Instrumentalsolo-Aufnahme mit Orchester: Brittens Violinkonzert mit Maxim Vengerov unter Mstilav Rostropovich; beste Solo-Aufnahme: Klaviersonaten von Haydn mit Emanuel Ax; beste Kammermusik-Aufnahme: Alban Berg mit dem Kronos Quartet und Dawn Upshaw; beste Vokalaufnahme: Schubert-Lieder mit Thomas Quasthoff und Anne Sofie von Otter.

Unter den Preisträgern sind auch zwei Ex-Präsidenten von Weltmächten: Bill Clinton und Michail Gorbatschow, die einer Aufnahme von Prokofjews "Peter und der Wolf" ihre Lesestimmen liehen.

Den einzigen dezidiert politischen Akzent des Abends setzte indessen Chris Martin, Sänger der britischen Band Coldplay: Er widmete seinen Grammy nicht nur dem verstorbenen Country-Übervater Johnny Cash, sondern auch US-Senator John Kerry, dem aussichtsreichsten Anwärter der Demokraten auf die Präsidentschaftskandidatur. tk, norb

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