EU-Erweiterung kostet ein Krügerl pro Monat

Die Österreicher werden vorerst nur in geringem Maße die Kosten der Erweiterung mittragen.

Der dänische Finanzminister Thor Pedersen ließ aufhorchen, als er anläßlich der Übernahme der EU-Präsidentschaft erklärte, er verstehe die Aufregung nicht: Die Finanzierung der Erweiterung sei kein Problem. Tatsächlich sind jene Kosten, die von der EU-Kommission für die ersten drei Jahre bis Ende 2006 vorgesehen sind, mit insgesamt 40,16 Milliarden Euro relativ gering. Österreich - obwohl Nettozahler der Union - müßte gerade 2,38 Prozent oder 956 Millionen Euro übernehmen. Pro Kopf wären das 3,30 Euro pro Monat - etwa so viel wie ein Krügel Bier oder eine Schachtel Zigaretten.

Wie sich die Erweiterungskosten nach 2006 entwickeln, steht allerdings noch in den Sternen. Ab 2005 beginnen die Verhandlungen über die nächste Finanzperiode. Dabei wird auch über eine Reform der Agrarpolitik und der Strukturförderung entschieden werden müssen. Größte Herausforderung wird nicht - wie angenommen - die Landwirtschaft, sondern die Umverteilung von Strukturhilfen aus den bisherigen EU-Staaten zu den neuen Partnern sein.

Dies wird vor allem deshalb schwierig, da die neuen Staaten bereits mitverhandeln. Schon in den ersten drei Jahren, für die noch der alte Haushaltsplan gilt, werden zwei Drittel der Erweiterungskosten für Strukturhilfen in wirtschaftlich schwachen Regionen der neuen Partnerländer aufgewandt.

In der EU-Kommission herrscht mittlerweile Fassungslosigkeit über die "realitätsfremde" Debatte zu den Erweiterungskosten. Es gehe an der Wirklichkeit vorbei, wenn sich zahlreiche EU-Regierungen nicht mit den wirklich bedeutenden Strukturhilfen befaßten, sondern sich auf die Agrar-Direktzahlungen an die künftigen Mitgliedsstaaten versteiften, heißt es.

Tatsächlich wird der Anteil der Direktzahlungen an den Erweiterungskosten (ohne Reform) der EU ab 2013 lediglich vier Milliarden Euro pro Jahr betragen. Österreich müßte davon pro Jahr rund 95 Millionen Euro beisteuern.

Österreich findet sich bei der Kostendebatte in einer doppelten Interessenslage wieder: Als Nettozahler sollte größtes Interesse daran herrschen, die EU-Agrarpolitik radikal zu reformieren. Derzeit fließt nahezu die Hälfte des EU-Budgets in die Landwirtschaft. Andererseits gehört Österreich im Agrarbereich zu den Netto-Empfängern. Zuletzt hat Österreich um rund 75 Millionen Euro mehr Agrarförderungen erhalten, als es in den Agrartopf einzahlte. Diese "Schizophrenie" bedingt auch innenpolitische Schwierigkeiten: Die Position des Finanzministers eines Nettozahler-Landes kann naturgemäß nicht mit der des Agrarministers übereinstimmen.

Landwirte sagen nein

Während Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer indessen eine mögliche Pauschalierung der Bauerneinkommen "als langfristige Orientierung durchaus interessant" bezeichnete, will Rudolf Schwarzböck, oberster Bauernvertreter, eine Kürzung der Direktzahlungen nicht akzeptieren: "Neuerliche, einschneidende Belastungsmaßnahmen lehnen wir strikt ab." Die von EU-Kommissar Franz Fischler geplanten Reformschritte kämen einer "tiefgreifenden Reform" der EU-Agrarpolitik noch vor Ablauf der gegenwärtigen Finanzperiode gleich - "entgegen allen Ankündigungen".

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