Elf Freisprüche im Bierbrauer-Prozess

Insiderhandel. Der Prozess um illegale Aktienspekulationen endet mit einer Überraschung.

Wien. Glimpfliches Ende für die Mitglieder der ehemaligen Eigentümerfamilien des Bierkonzerns BBAG, die in Wien wegen Insiderhandels vor Gericht standen. Elf der 16 Angeklagten wurden am Freitagnachmittag von Richter Thomas Kreuter freigesprochen. Sie standen im Verdacht, während des Verkaufs der BBAG an Heineken im Jahr 2003 Insiderinformatioinen zum Kauf von Aktien genutzt zu haben.

Von den Vorwürfen reingewaschen wurden: Christian Beurle (Ex-Präsident der Industriellenvereinigung und Ex-Konzernchef), seine Söhne Ludwig (Anwalt und Aktionärssprecher) und Stephan (Wirtschaftsprüfer). Weiters Ex-BBAG-Boss Karl Büche, seine Frau Ulrike und seine Schwiegertochter Astrid. Außerdem Paul Richard Peter Kretz sowie Wilhelm und Heinz Peter Mathes sowie Christian und Irene Atzwanger.

Das Verfahren wird nun gegen Fritz Kretz, Nikolaus Kretz, Heidrun-Bärbel Kretz-Mirtl, Erika Kretz und Elisabeth Mirtl fortgesetzt. Fritz Kretz, ehemaliger BBAG-Vorstand, wurde zu Prozess-Beginn am 12. April von Staatsanwalt Georg Krakow als „Spiritus Rector“ des Konzern-Verkaufs bezeichnet.

„Ausreichende Informationen“

Diesen fünf Personen – für die auch die Unschuldsvermutung gilt – wird nach wie vor vorgeworfen, vom Verkauf der BBAG an Heineken frühzeitig gewusst und als Insider auf steigende Aktienkurse spekuliert zu haben. Konkret geht es um den Zeitraum zwischen Oktober 2002 und Mai 2003, in dem sich der Aktienkurs nahezu verdoppelt hat. In dieser Zeit sollen sie illegal einige Millionen Euro an Kursgewinnen lukriert haben. Dabei haben Familienmitglieder plötzlich Aktien gekauft, die vorher noch nie welche besessen hatten. Staatsanwalt Krakow sprach in der Anklage von „reiner Gier als Motiv“.

Richter Kreuter begründet sein Urteil damit, dass ab dem 23. Jänner 2003 die Informationen über den geplanten Verkauf der BBAG an Heineken der Öffentlichkeit bekannt gewesen seien. Und dass daher – bis zum offiziellen Übernahmeangebot von Heineken im Mai – der Tatbestand des Insiderhandels nicht vorgelegen sei.

Beteiligung sicher gestellt

Ein zweiter wichtiger Aspekt, der zu Kreuters Urteilsfindung beigetragen hat: Die betroffenen Familienmitglieder haben die zugekauften Aktien in die im Vorfeld des Konzernverkaufs gegründete Gebag-Holding eingebracht. Dort gab es eine Kapitalerhöhung. Nicht aus Gründen der Spekulation, sondern um die Beteiligungsverhältnisse der Familien zu sichern, wurden weitere BBAG-Aktien zugekauft. Damit sei kein Insider-Tatbestand gegeben.

Staatsanwalt Krakow legte Berufung ein – mit Ausnahme des Freispruchs von Christian Beurle. Die Finanzmarktaufsicht (FMA), die das bisher größte Insiderhandels-Verfahren der Wirtschaftsgeschichte ins Rollen gebracht hatte, schloss sich Krakows Berufung an. Aus der ersten Reaktion von FMA-Sprecher Klaus Grubelnik sprach Enttäuschung: „Das Urteil ist zu akzeptieren. Wir sind aber anderer Rechtsansicht.“

Inline Flex[Faktbox] FREIGESPROCHEN("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2007)

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