Wiener Bauordnung: VfGH streicht Freibrief für Bauhöhe

Der Verfassungsgerichtshof hat das Wachstum der Gebäudehöhe in Wien gestoppt und die legale Überschreitung um 1,50 Meter ohne Bewilligung gekippt.

WIEN (kom). Der Verfassungsgerichtshof bremst das unkontrollierte Wachstum der Gebäudehöhe in Wien: Nach der Wiener Bauordnung darf die nach Bauklasse zulässige Höhe (von Bauklasse I mit maximal 9 Metern bis Bauklasse VI, in der Gebäudehöhen jenseits von 26 Metern vom Bebauungsplan festgelegt werden), ohne weiteres um bis zu 1,50 Meter überschritten werden, wenn und soweit die einzelnen Geschoße (lichte Höhe plus Deckenaufbau) mehr als 2,80 Meter hoch sind (z. B. vier Geschoße à 3,10 Meter, ergibt 1,20 Meter Überschreitung). Der Landesgesetzgeber weiche „ohne ersichtliche sachliche Rechtfertigung“ vom übrigen System der Abweichungen von Bebauungsvorschriften ab, so der Gerichtshof. Die Erlaubnis (in § 75 Abs. 9) wurde, wie vom Verwaltungsgerichtshof beantragt, aufgehoben, und zwar mit sofortiger Wirkung (G 103/05).

In anderen Fällen der Überschreitung nach oben muss geprüft werden, ob das Interesse an der Gestaltung des vom Flächenwidmungs- und Bebauungsplan beabsichtigten örtlichen Stadtbildes ihr nicht entgegensteht. Die Gründe, die für die Abweichung sprechen, müssen mit den Gründen, die dagegen sprechen, abgewogen werden. Rechte von Nachbarn, die auf Einhaltung der Bauvorschriften drängen könnten, sind in der aufgehobenen Bestimmung ausdrücklich ausgeschlossen.

„Aufgrund der Aufhebung ist für eine Überschreitung der Bauhöhe nun ein Bewilligungsverfahren gemäß § 69 der Wiener Bauordnung erforderlich“, erläutert der Wiener Anwalt Herwig Hauenschild (Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte). Die Überschreitung der Bauhöhe müsse nun jedenfalls „unwesentlich sein“, was bei einer festgesetzten Bauhöhe von beispielsweise 8 Metern ein Problem sein könne. Außerdem können künftig alte Bebauungspläne nicht mehr so leicht wie bisher unterlaufen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2007)

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