Ameisen: Harz gegen Bakterien

Erstmals konnte gezeigt werden, dass Tiere ihre Nester – und ihr Überleben – mit chemischen Waffen von Pflanzen schützen.

Wer lange in der gleichen Behausung lebt, muss sich gegen ungebetene Gäste wappnen. Dabei nimmt man gerne Bewährtes, das andere zu ihrem Schutz entwickelt haben, Pflanzen etwa, Lavendel etwa. In unseren Kleidern/Kästen soll sein Duft Motten abwehren, allerdings ist er doppeldeutig, vielleicht soll er etwas anziehen, Menschennasen. Und bei anderen Wohlbehausten? Viele Vögel flechten in ihre Nester frisches, duftendes Grünzeug. Bei ihnen wüsste man lieber genau, ob es um Anlocken (Sex) oder Abstoßen (Schutz) geht, für die Evolutionsbiologie ist die Unterscheidung zentral.

Selten ist sie so eindeutig wie bei Laubenbauern, bei denen Vogel-Männchen mit geschmückten Nestern prunken. Anderes sieht nur auf den ersten Blick klar aus: Ende der 80er-Jahre zeigte sich, dass in Starennestern mit frischem Grün weniger Milben hausen. Das galt als Bestätigung der „nest protection hypothesis“, offenbar sollte das ätherische Grün Parasiten vertreiben. Auf den zweiten Blick zeigte sich aber, dass Stare ihre Nester nur bis zur Eiablage begrünen, also gerade dann nicht mehr, wenn es zum Schutz notwendig wäre.

Aber nicht nur Vögel haben feste Behausungen, auch Nager bauen Nester, die Buschratte (Neotoma fuscipes) etwa. Sie begrünt mit frischen Blättern von Lorbeer, Eiche und Efeu. Direkt an die Schlafplätze schleppen sie nur Lorbeer – der Effekt ist messbar, drei Viertel der dortigen Flohlarven sterben (Behavioral Ecology, 13, S.381). Damit ist allerdings nicht bewiesen, dass die Buschratten profitieren: gesünder bleiben.

Einen solchen Effekt konnte nun Michel Chapuisat (Lausanne) erstmals zeigen, an wieder anderen Nestbauern, Gebirgswaldameisen (Formica paralugubris). Die lagern in ihre Bauten Baumharz ein – bis zu 20 Kilo –, bei ihnen kann das nichts mit Anlocken zu tun haben (bei Vögeln bauen Männchen Nester, im Ameisenstaat tun die Arbeiterinnen alles). Dadurch erhöht sich die Überlebensrate bei Pilz- und Bakterienattacken. (Proceedings B, 30.5.). Dafür ist das Harz mit seinen Duftstoffen (Terpenen) auch da, Bäume sondern es an verwundeten Stellen ab, um Bakterien- und Pilzinfektionen abzuwehren. Die Ameisen leihen den Effekt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2007)

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