Haydntage Eisenstadt: Ein unverwundbarer Herrscher

(c) Buchbinder
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Rudolf Buchbinder sorgte für den zweiten Höhepunkt der Haydntage.

Auch im zweiten Teil der Haydntage war außer Adam Fischer kein einziger „echtbürtiger“ Kapellmeister am Werk; neben Gottfried von der Goltz mit dem Freiburger Barockorchester machten ein Pianist und ein Fagottvirtuose als Ensembleleiter ausgezeichnete Figur.

Da frönte Rudolf Buchbinder seinem Hang zu konzertanten Marathonläufen mit Schumanns (so gut wie unbekanntem) Konzertstück G-Dur op. 92, Haydns D-Dur-Klavierkonzert Hob. VIII:11 und Chopins 1. Klavierkonzert, als technisch unverwundbarer Herrscher über ein unerschöpfliches Anschlagsrepertoire; als Orchesterleiter, der dem ausgezeichneten Wiener Kammerorchester seinen Willen unmissverständlich mitzuteilen wusste. Nach Fischers „Jahreszeiten“ ein zweiter Höhepunkt!

Tags darauf setzte Fischer die Reihe von Haydns liturgischer Musik mit dessen „Heiligmesse“ (1796) fort. Mit schlanker, transparenter Stimmführung bewältigte der Wiener Kammerchor die dominanten Chorsätze und stellte auch die tüchtigen Solisten für die wenigen Ensemblestellen. Und der Dirigent präsentierte mit seiner Haydnphilharmonie eine wahre Modellaufführung, die im Haydnsaal den Kirchenraum nicht vermissen ließ. Bei Antonin Dvoráks Symphonie „Aus der neuen Welt“ wurde allerdings zuweilen spürbar, dass sich das Orchester auf ungewohntem Terrain bewegte. Doch Fischer war um größtmögliche Differenzierung aller Parameter besorgt und zündete im Finale noch alle Triebwerke seines explosiven Temperaments.

Hauptwerk beim Abend des Wiener Concertvereins war Friedrich Guldas einst umstrittenes Cellokonzert aus 1980. Mit seiner unreflektierten Klitterung von U-Musik-Klischees zwischen Jazz, alpenländischer Volksmusik und Barock nahm es zum Festspielmotto „Haydn und die Romantik“ gewiss eine Außenseiterposition ein. Doch es bot dem Solocellisten der Wiener Symphoniker, Christoph Stradner, ein weites Feld bravourös bewältigter technischer Exhibitionen: besonders in der Solokadenz, dem einzig „seriösen“ Satz des Werkes. Milan Turkovic am Pult hatte das Ensemble mit professioneller Schlagtechnik im Griff. Er beschloss den Abend elegant mit Haydns Symphonie Nr. 88.

Wie viele Eimer Wein?

Das Programm wurde von Gottesdiensten und vormittäglicher Kammermusik abgerundet, wobei die russische Geigerin Tatjana Samuil als Primaria des belgischen Prometheus-Ensembles besonders auffiel. Ein Symposium befasste sich mit „Bausteinen zu einer Eisenstädter Haydn-Topografie“: Wie viele Eimer Wein fassten die Keller der dem Fürstenhaus gehörenden Gebäude? Wie sah der Festsaal vor der Umgestaltung um 1800 aus? Und vor allem: Wo im Schloss musizierte Haydn? Diese Frage blieb freilich weiterhin unbeantwortet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2007)

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